: Sorgendes Muttchen
betr.: „Kultur ist kein Lehrmeister“, Erste Kanzlerin-Rede in der Zentrale des Goethe-Instituts in München, taz vom 9. 9. 08
Kann mal bitte jemand erklären, warum die Kanzlerin so gebetsmühlenartig, landauf, landab, für jede laue Langweilerei, die sie von sich gibt, für jede arg strapazierte Bemühtheit, für noch den allerletzten, an langen Haaren herbeigezogenen Unsinn, bloß weil ihre Kollegen das vermutlich so nicht gesagt haben würden, warum sie für diesen ganzen säuerlichen Quark als „schlagfertig“ gelobt wird. Dirk Knipphals über die Kanzlerin im Goethe-Institut: „Sie präsentierte sich dabei als gut informiert und schlagfertig. Nachdem Goethe-Präsident Klaus-Dieter Lehmann die Leistungen junger Frauen herausgestellt hatte, konterte Merkel mit der Frage, ob das wohl mit der Antidiskriminierungsrichtlinie vereinbar sei: Junge Männer könnten sich hier durchaus diskriminiert fühlen.“
Da lässt der Goethe-Präsident bei einer Sonntagsrede mal die Frauen hochleben. Das ist einer feiner Zug von ihm. Junge Hörerinnen und Leserinnen könnten sich möglicherweise davon ermutigt fühlen, an kulturelle Leistungen von Frauen zu glauben, obwohl ihnen 24/7 eingetrichtert wird, dass kulturelle Leistungen von Männern erbracht werden, nicht zuletzt von Goethe, nach dem sich das Institut benennt und damit seine Co-Autorin, nämlich seine Schwester Cornelia, gezielt verschweigt. Die Kanzlerin aber hat auf das Sonntags-Hoch auf Frauen nichts Besseres zu tun, als sich in der denkbar armseligsten Art und Weise der Herrenwelt anzubiedern. Sie schleimt sich ein bei denen, die hier im Lande noch immer das Heft in der Hand halten, sie macht ihren abgrundtiefen Kotau, wie süß!, als sorgendes Muttchen: Pfui, Herr Präsident, so was dürfen Sie nicht sagen, es könnte das Ego der Jungs ankratzen. Das ist nicht schlagfertig, das ist zum Knochenkotzen.
HENRIETTA BÄSTLEIN, Berlin