Qualität dank Transparenz

Reihenweise Bestnoten bezeugen: Der faire Handel ist Vorreiter bei Transparenz und Verbraucherschutz. Nur bei Nachfragen im Callcenter hapert es – die Neulinge üben noch

VON MARTIN REEH

Testanruf bei der Lidl-Hotline: Wo, bitte, kommen eigentlich die fair gehandelten Biobananen des Discounters her? „Da muss ich Ihre Anfrage weiterleiten. In einer Woche bekommen Sie dann per Mail eine Antwort“, bedauert die Callcenter-Mitarbeiterin. Noch hapert es bei der Supermarktkette ein wenig mit der Transparenz der fair gehandelten Produkte. Auch auf der Webseite der konzerneigenen fairen Handelsmarke Fairglobe finden sich nur zu einigen Produkten Hintergrundinformationen. Dennoch hofft man beim Forum Fairer Handel, dem Netzwerk deutscher Fairhandelsorganisationen, auf eine Trendwende beim Discounter: „Lidl fängt beim Thema Transparenz schließlich bei null an“, so Mitarbeiterin Birgit Schößwender.

Der faire Handel gehört traditionell zu den Vorreitern in Sachen Transparenz und Verbraucherschutz. Schon alleine, um über die Situation der Produzenten aufklären zu können, boten Weltläden und Vertriebsorganisationen wie die Gepa von jeher Informationen über die Handelspartner in den Dritte-Welt-Ländern, die Zusammensetzung des Preises und die Herstellung der Produkte an. Und bei „Stiftung Warentest“ und „Ökotest“ räumen die mit dem Fairtrade-Label ausgezeichneten Produkte immer wieder gute Noten ab: So erhielt die Fairglobe Milchschokolade von der „Stiftung Warentest“ im November 2007 die beste Note (1,7) unter 20 getesteten Vollmilchtafeln, die Fairglobe Bitterschokolade die zweitbeste Note (2,0) unter 25 Produkten einen Monat später. Die Lidl-Fairglobe-Bananen bekamen in diesem Jahr ein „sehr gut“ von „Ökotest“, ebenso der Fairglobe-Orangensaft und das Kakaopulver „Bio Cocoba“ der Gepa.

Verbraucherschutz und Schutz der Produzenten gehen dabei Hand in Hand, wie insbesondere das Beispiel Bananen zeigt – gilt doch der Anbau in Monokulturen, wie er von Bananenkonzernen favorisiert wird, als wahre Pestizidschleuder. So wurden mit dem Wirkstoff DBCP, der zu bleibender Unfruchtbarkeit führt, in den Sechziger- und Siebzigerjahren tausende Bananenarbeiter vergiftet. Bis heute klagen die Beschäftigten auf den Plantagen immer wieder darüber, dass sie zum Teil ohne Schutzkleidung mit Pestiziden hantieren müssen.

Die mit dem Fairtrade-Siegel versehenen Bananen sind dagegen fast zu 100 Prozent bio. Statt Monokultur benutzen die Kleinbauern Mischkulturen beim Anbau, die Pflanzen werden durch biologische Abfälle gedüngt, Pilzkrankheiten durch eine geringere Pflanzendichte verhindert. Kein Wunder, dass sich unter Fairtrade-Testbananen keine oder nur geringe Spuren von Pestiziden fanden, die Dole- oder Fruit-Du-Monde-Bananen dagegen teils erhöhte Werte aufwiesen. Fazit von „Ökotest“: „Rückstände von Chemikalien fand das Labor in fast allen konventionellen Proben“ – wenn auch „bei der Hälfte nur in unbedenklichen Spuren“.

Die Fairtrade-Produktpalette hat sich in den letzten Jahren immer weiter ausgedehnt. Seit 2007 gehören etwa auch Baumwolltextilien – bio und konventionell – dazu. Doch gerade die wachsende Beliebtheit sorgt für zunehmende Verwirrung der Verbraucher im Supermarkt: Durch die Diskussion um die Produktionsbedingungen aufgeschreckt, reagieren einige Handelsriesen mit eigenem Label, die Umwelt- und Sozialstandards garantieren sollen: Noch vergleichsweise wenig bekannt ist der „4C“-Kaffee, benannt nach dem „Common Code for the Coffee Community“ der internationalen Kaffeeindustrie. Tchibo wirbt auf seinen Webseiten damit. Das Forum Fairer Handel kritisiert, dass durch 4C zwar endlich Kinderarbeit auf Kaffeeplantagen ausgeschlossen werde, nicht aber die gewerkschaftliche Organisierung der Plantagenarbeiter und die Bezahlung von Überstunden garantiert werde. 4C diene „vor allem als wertvolles Marketinginstrument der Kaffeekonzerne“, so das Forum.

Weitaus bekannter sind bereits die mit dem Froschsiegel der „Rainforest Alliance“ versehenen Produkte. So ist der Kaffee bei McDonald’s ebenso mit dem Emblem der US-amerikanischen Umweltorganisation versehen wie Chiquita-Bananen. „Das Label zeigt den Verbrauchern, dass Chiquita bei der Produktion von Bananen die strengen Sozial- und Umweltkriterien der Rainforest Alliance erfüllt“, wirbt der Bananenkonzern. Fairtrade-Organisationen wie Banafair halten dies für Augenwischerei: „Das Rainforest-Alliance-Emblem hat mit fairem Handel nichts zu tun, weil keine Mindestpreise garantiert werden“, so Geschäftsführer Rudi Pfeifer. Und auch „Ökotest“ urteilt: „Auf Chiquita-Plantagen werden nach wie vor Pestizide versprüht und Arbeiter mit Minilöhnen abgespeist. Echte Verbesserungen kann es nur mit Bioanbau und fairem Handel geben.“