: Herodes leidet unter Atemnot
Attersee übermalt Strauss: Mit der Oper Salomé feiert das Bremer Theater Spielzeit-Eröffnung
Für Fans des österreichischen Künstlers Christian Ludwig Attersee – und die gibt es, das steht außer Frage – ist es sicher ein Hochgenuss. Und konzeptionell hat es Charme, wenn zeitgleich zur Gustave Caillebotte-Ausstellung in der Kunsthalle der zweite bedeutende Segelsportler unter den Malern in Bremen gastiert. Denn auch wenn’s für den 68-Jährigen zuletzt nicht mehr für die allervordersten Ränge reichte bei den Staatsmeisterschaften – die alten Erfolge kann ihm keiner mehr nehmen.
Und schließlich hat der Mann noch was anderes zu tun. Zum Beispiel das Bühnenbild für Richard Strauss’ Oper Salomé, die Bremer Spielzeiteröffnung, zu malen. Und – aber das erledigt der Galerist – Bilder für die Ausstellung im Foyer zusammenzustellen.
Ja, das erregt Aufsehen. Ob’s musiktheatralisch eine kluge Entscheidung war, steht aber auf einem anderen Blatt. Denn Attersee ist keiner, der sein Bühnenbild in den Dienst einer Inszenierung stellen würde, nein, ganz im Gegenteil: Er oktroyiert eine Deutung, die sich am besten wohl mit Oscar Wildes gleichnamigen Drama, schlechter schon mit Hedwig Lachmanns darauf basierenden Libretto und kaum mit Strauss’ Musik vereinbaren lässt: „Tau, Beginn des Lebens“ beispielsweise heißt das erste Prospekt. Farbenfroh und expressiv senken sich in der vierten Szene drei schräge Großleinwände aus dem Schnürboden in die Szenerie: Attersee nennt sie „Sternschnuppenbilder“. Zum Schluss, wenn die Titelfigur das abgeschlagene Haupt des Propheten Jochanaan – eine bläulich lumineszierende Milchglasweltkugel mit schwarzen Kontinent-Flecken – geküsst und ihr Stiefvater Herodes den Befehl zu ihrer Hinrichtung gegeben haben wird, stülpt sich ein gläserner Käfig über sie, der aussieht wie ein monumentales Weinglas.
Während die Bremer Philharmoniker den sonst oft schmalzig gespielten Strauss kristallklar und nuancenreich geben, findet sich Regisseurin Susanne Kristin Gauchel zur Handlangerin der Bilderwucht degradiert: Säuberlich drapiert sie die SängerInnen in der Kulisse und lässt sie das Publikum ansingen. Aufs Unglücklichste ergänzen sich dabei die beiden wichtigen Rollen: Kelly Cae Hogans Salomé verfügt über viel Volumen aber wenig Ausdruck, Patrick Jones gibt einen clownesk-neurotischen Herodes mit Stimmschwächen: Immerhin, auch das Textbuch lässt ihn über Atemnot klagen. Das wenigstens passt. bes
Nächste Aufführungen: 19. und 27. 9., 20.30 Uhr, und 21. 9. schon 15.30 Uhr