: Also jetzt ein bisschen Krieg?
betr.: „USA verstärken Druck“ (Auch die UN bereiten sich auf Krieg vor), taz vom 24. 12. 02
In der UN-Charta verpflichten sich die Mitglieder, Streitigkeiten durch friedliche Mittel beizulegen und auf Drohung und Anwendung von Gewalt zu verzichten. Hiervon darf nur bei der Bedrohung des Friedens und wenn auch wirklich alle friedlichen Mittel nicht mehr greifen, abgewichen werden. […]
Es sind noch lange nicht alle friedlichen Mittel ausgeschöpft! Lücken oder Lügen im Bericht des Irak sind ebenso wenig Kriegsgrund wie 1914 die Ermordung des österreichischen Thronfolgers. Es fragt sich, ob ein Angriff auf den Irak in der gegenwärtigen Situation – was auch immer der Sicherheitsrat beschließt – mit der UN-Charta und dem Grundgesetz vereinbar ist. […]
HEINRICH KAUTZKY, Kiel
betr.: „Fischer sagt ja, ja, nein, nein“, taz vom 30. 12. 02
Die so überaus gelobte deutsche Außenpolitik unter Joschka Fischer gerät ins Wanken: Erst heißt es, wir leisten keine Hilfe in einem Irakkrieg, dann werden den USA großzügig Überflugrechte und andere Hilfsmaßnahmen gewährt. Erst sagt Deutschland Nein zum Krieg und nun verkündet Fischer, dass man im Sicherheitsrat eventuell doch mit Ja abstimmen wird.
Also jetzt ein bisschen Krieg? Offenbar erweist sich der „deutsche Weg“ als Sackgasse auf der internationalen Bühne. Nein: Die deutsche Bundesregierung begeht Verrat an den Kriegsgegnern, wenn sie nunmehr im UN-Sicherheitsrat Ja sagt zum Krieg der USA gegen den Irak! ANDREAS MEYER-SUTER, Hamburg
Joschka Fischer hat seinen Politikstil dem seines Koalitionspartners endgültig angeglichen. Nicht mehr politische Inhalte stehen im Vordergrund, sondern Taktierereien, deren Haltbarkeitsdaten so eng datiert sind wie bei einer Packung Frischmilch.
Die Variante, einem Irakkrieg zuzustimmen, sich aber nicht an ihm zu beteiligen, ist die schlechteste aller möglichen Entscheidungen. Außenpolitisch wird Deutschland weiter diskreditiert. Das Land hinterlässt den Eindruck, dass es fremde Soldaten in den Krieg schickt, von denen einige unweigerlich ihr Leben lassen werden, während es sich selbst vor dem Fernseher gemütlich macht und dem „bösen Treiben“ via CNN zu sieht. […]
„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“, pflegte Konrad Adenauer einst zu sagen und regierte damit die Bundesrepublik problemlos über ein Jahrzehnt. Ob dieses Modell noch für das beginnende 21. Jahrhundert taugt, darf bezweifelt werden.
RASMUS PH. HELT, Hamburg
Der Minister ist zwar gegen diesen Krieg, aber ausschließen will er das Okay seines Landes dazu nicht. Ist doch voll auf der Linie rot-grüner Regierungslogik. Die Todesstrafe wird abgelehnt, doch dessen ungeachtet erhalten die USA Beweismaterial zur Überführung eines mutmaßlichen Terroristen – der aber nicht wegen dieser Unterlagen zum Tode verurteilt werden darf.
Politische Überzeugungen haben nur so lange Bestand, wie ihre Einhaltung nicht mit allzu vielen „Sachzwängen“ kollidiert. Ob der Bundesaußenminister nach diesem Motto auch in Sachen Irakkrieg agiert oder ob er mittlerweile zum Staatsmann ohne eigene Grundüberzeugungen mutiert ist, wir werden es mit letzter Sicherheit wohl nicht erfahren.
Dafür halten die Meinungsforscher immer neue Überraschungen über Gottvater Joschka und sein Volk bereit: 35 Prozent der Deutschen, so der aktuelle Wert einer Erhebung, sehen in Fischer den Politiker, der unser Land am ehesten aus der Krise führen könne. Stoiber, Merkel und Schröder folgen auf den Plätzen.
Was sagt uns das? Wenn einer dem deutschen Volk den Krieg gegen Saddam Hussein schmackhaft machen kann, dann Joseph Fischer. UWE TÜNNERMANN, Lemgo
Es ist entsetzlich, wie der Familienclan um George W. Bush seine Privatinteressen durchsetzen kann und dabei von der Weltgemeinschaft unterstützt wird. Langsam wird es mal wieder Zeit zu sagen, dass ein Krieg kein Brettspiel ist, sondern reale Gewalt bedeutet – so wie in Afghanistan werden auch im Irak die schwächsten Glieder, Arme, Frauen und Kinder, als Erstes die Folgen von Gewalt spüren.
Joschka, das heißt Tod, Verstümmelung, Vertreibung und Verelendung – viel Spaß noch mit deiner Gewissensentscheidung!
MARTIN KÜSTER, München
Für die Grünen unter Joseph Fischer stellt sich die Frage, warum sie sich überhaupt noch Programme geben – werden doch grundsätzlich Positionen so gut wie nie vertreten – alles fließt, allein steht der Wille zur Macht. Die Vakuumsmäßigkeit dieser Politik erzeugt ein hohes Maß an Beliebigkeit und wird die Parteiverdrossenheit noch weiter verstärken. CHRISTIAN SCHAUER, Alzenau