12 Jahre Krieg im Irak
: Hoffen auf das Ende der Sanktionen

Eine Lilienthalerin in Bagdad

„Die Haltung der Menschen im Irak ist nach 12 Jahren Sanktionen völlig resigniert “, fasst Angelika Schneider vom Internationalen Versöhnungsbund die Eindrücke ihrer Irakreise zusammen. Konkrete Kriegsangst sei ihr und ihren Mitreisenden nicht begegnet. „Es ist schon seit zwölf Jahren Krieg!“, sei die Antwort, die ihnen die Menschen auf Bagdads Straßen gegeben hätten. Kein Wunder: „Die Menschen erleben täglich Bombardements und die Versorgung ist durch das Embargo so schlecht wie nach einem Krieg“, sagt Schneider. Große Hoffnung auf das Ende der Sanktionen hätten die Irakis nicht.

Die Lilienthalerin reiste als Angehörige einer sechsköpfigen Delegation Anfang Dezember für vier Tage in die irakische Hauptstadt. Auf Einladung des Weltkirchenrats des Mittleren Ostens lernte sie zusammen mit einem Schweden, einer Niederländerin, einem Österreicher und zwei anderen Deutschen die tägliche Not der Bevölkerung kennen. „Und Bagdad ist noch Gold gegenüber anderen Landesteilen“, betont sie. Die Menschen bekämen zwar von der Regierung Lebensmittelpakete mit Öl, Mehl, Reis, Zucker und Hülsenfrüchten, „aber das heißt nur, dass man nicht verhungert“. Die Zahl der mangelernährten Kinder liege immer noch bei 21 Prozent. „Frisches gibt es fast gar nicht, Fleisch kostet einen Monatslohn und viele Menschen müssen Lebensmittel oder ihre Einrichtung für Medikamente verkaufen“, fasst sie die Situation zusammen. Die medizinische Versorgung sei „völlig desolat“, berichtet sie weiter, an wissenschaftliche Neuanschaffungen sei seit 1990 nicht mehr zu denken, hätte ein Universitätsprofessor gesagt.

Anlass der aktuellen Reise sei der drohende Krieg gewesen, sagt Angelika Schneider. „Wir hatten das Gefühl, wir müssen irgendetwas tun: Wir wollten ein Zeichen setzen“ – aber nicht als sogenannte menschliche Schutzschilde. Schneider: „Ich erhoffe mir wenig von menschlichen Schutzschilden. Die haben noch keinen Krieg verhindert“. Ihr missfalle der Begriff, weil schnell eine selbstmörderische und gleichzeitig blauäugige Haltung damit verbunden würde. „Aber die Solidarität, die dahinter steckt, ist eine beachtliche Sache“, betont sie. „Ich selbst hatte weder Angst noch fand ich es besonders mutig von mir, in den Irak zu reisen.“ Ihre Familie habe sich Sorgen gemacht, aber sie dennoch fahren lassen. Kaum, dass die Delegation zurück gewesen sei, wären alle Beteiligten am liebsten gleich wieder in den Irak geflogen. „Wir hatten ja gerade erst angefangen, Kontakte zu knüpfen.“ Jetzt plant der Versöhnungsbund in Deutschland einen Aufruf an deutsche Soldaten, sich einem Kriegseinsatz zu verweigern. – Ein Apell an die BremerInnen? „Protestieren!“ Etwa in Form von Briefen an die Gewählten, dass sie ihr Wahlversprechen mit einer deutschen Kriegsbeteiligung brechen würden und entsprechend nicht mit Wiederwahl rechnen könnten. „Und Überflugrechte einzuräumen, ist auch eine Kriegsbeteiligung“, stellt Schneider klar. ube

Am Donnerstag, den 9. Januar berichtet Angelika Schneider um 20 Uhr in der Villa Ichon von ihrer Reise.