„Wir brauchen ein Konjunkturprogramm“

Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Institut IMK fordert ein Investitionsprogramm von 30 Milliarden Euro

GUSTAV HORN, 53, ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung.

taz: Herr Horn, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hält trotz aller Konjunktursorgen an seinem Ziel fest, im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen. Ist das realistisch?

Gustav Horn: Das kommt auf die Konjunktur im Jahr 2011 an. Ist sie gut, läuft das quasi automatisch. Ist sie schlecht, ist das auf keinen Fall erreichbar. Dann brechen nämlich die Steuereinnahmen weg – und das kann kein Sparprogramm ausgleichen.

Wie sieht es vorher aus?

2008 wird wahrscheinlich noch gut laufen für den Haushalt, das Jahr 2009 wird deutlich schlechter werden. Viele Institute, auch wir, sagen eine Rezession in Deutschland voraus. Das würde deutlich sinkende Steuereinnahmen bedeuten.

Wie kann der Staat da gegensteuern?

Der Staat könnte geplante Investitionen zeitlich vorziehen. Das würde den Haushalt natürlich zunächst belasten. Aber wenn dadurch die Konjunktur wieder in Gang kommt, sprudeln die Einnahmen so reichlich, dass man später einen ausgeglichenen Haushalt mühelos erreichen kann.

Würde das Vorziehen von Investitionen schon reichen?

Nein, wir brauchen schnell ein Konjunkturprogramm von 25 bis 30 Milliarden Euro. Das wäre ein signifikanter Impuls. Idealerweise würde man das im europäischen Gleichschritt machen. Deutschland ist aber in Europa eher der Bremser.

Wo müsste der Staat investieren?

Ein ganz wichtiger Bereich ist die Bildung. Hier müssten aber auch die Bundesländer mitziehen. Nötig wären zum Beispiel Schulrenovierungen, Mehreinstellungen von Lehrern und neues Unterrichtsmaterial. Der zweite wichtige Bereich ist die Steigerung der Energieeffizienz, entweder durch neue Technologien oder Einsparmaßnahmen.

Welche?

Zum Beispiel könnte der Staat dafür nötige Investitionen der Privathaushalte steuerlich fördern – das würde nachhaltiger wirken als die einmalige Subventionierung des Kaufes energiesparender Kühlgeräte, wie sie Wirtschaftsminister Michael Glos ins Spiel gebracht hat. Dies könnte nur die Ergänzung eines Konjunkturprogramms sein.

INTERVIEW: RICHARD ROTHER