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Da ist sie, die Wut

Auch wenn man der Täterfigur nicht folgen möchte: „Pigs will fly“, der dritte Spielfilm Eoin Moores, lässt nicht locker

Ein Mann mit verschmitztem Lächeln und lockerem Gang, fürsorglich holt er seine Frau von der Arbeit ab. Sie lachen zusammen. Später fährt er im Cabrio über die Golden Gate Bridge, der Wind zersaust sein blond gefärbtes Haar. Schaute man sich nur die Standfotos von Eoin Moores „Pigs will fly“ an, könnte man meinen, dies sei ein Liebesfilm, ein Roadmovie, das von den Hochhäusern des Berliner Märkischen Viertels nach San Francisco führt.

Doch die Reise des Polizisten Laxe (Andreas Schmidt) bleibt ein hoffnungsloser Fluchtversuch. Seiner gewalttätigen Persönlichkeit kann er auch in der kalifornischen Selbstfindungs-WG seines Bruders Walter (Thomas Morris) nicht entkommen. Da ist sie wieder: die Wut, die langsam seinen Hals anschwellen lässt, sein Gehirn zum Platzen zu bringen scheint – und schon schlägt der schlaksige Kerl wieder auf seine Frau, später auf eine neue Freundin ein. „Ich musste dich eben beruhigen“, heißt es lapidar. Auch wenn man dieser Täterfigur nicht folgen will, lässt Moores Film nicht locker. Keiner der Beteiligten kann sich hier auf den handelsüblichen Kausalketten ausruhen. Gnadenlos schlägt Laxe immer wieder zu – auch wenn die Bilder ganz anders daherkommen. Genau darin liegt der Kunstgriff von „Pigs will fly“: Es sind die ruhigen und flanierenden Einstellungen in San Francisco, die der Neurose den Status des Ausnahmezustands nehmen. Die Gewalt geht immer mit, ist längst Alltag.

Weil der Film diese Zwangsläufigkeit wiedergibt, kommt er seiner Hauptfigur nahe. Es ist eine Nähe, die nicht zum Verständnis zwingt. Eher bringt sie den Zuschauer dazu, sich einem Thema zu stellen, für das er längst genügend distanzierende Kategorien gefunden hat, um es zu verdrängen. ANKE LEWEKE

„Pigs will fly“. Regie: Eoin Moore. Mit Laura Tonke, Andreas Schmidt, Thomas Morris u. a. Deutschland 2002, 102 Minuten

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