: Abtauchen: Dampfbad Mitte
Ein Gang in die Sauna befreit Nachteulen von Alkohol und Nikotin und lädt zum Träumen ein. Zumal im dritten Stock einer neurologischen Klinik mit netten Gästen
Ein Gang in die Sauna tut erst richtig gut, wenn es draußen knackig kalt ist. So wie einmal in Lappland, als ich bei minus 24 Grad nach dem Schwitzen ein Bad im Schnee nahm und hernach in einer heiße Quelle wieder auftaute. Ein Wunder, dass der Kreislauf diese Temperaturachterbahn so günstig aufnahm, doch wahrscheinlich ist Rauchen und Saufen noch schwerer zu verkraften. Jedenfalls wirkt so ein Gang in die Sauna gerade nach einer durchsumpften Nacht wahre Wunder. So versammeln sich samstagnachmittags in der Russisch-Römischen Dampfsauna im dritten Stock einer neurologischen Klinik neben dem Stadtbad Mitte nicht nur die Senioren der Umgebung, sondern auch allerlei Nachtvolk, das sich dort für kommende Ausflüge regeneriert und die zuvor eingenommenen Gifte wieder ausschwitzt.
Komfortabel ist das Etablissement mit den bunten Bleiglasscheiben von Max Pechstein nicht gerade, aber es hat Charme, wenn sich hier Jung und Alt im Dampf versammelt, hernach im Tauchbecken verschwindet und sodann im 37 Grad warmen Zwischengang auf Holzpritschen vor sich hin dämmert.
Die besagten Fenster im Duschraum werden von den alteingesessenen Besuchern auch bei der großten Kälte aufgehalten, schließlich geht es in einer Sauna auch ums Abhärten. Auf den Plastikliegen im Ruherraum lesen von Nikotin und Alkohol befreite Geschöpfe vereint Spiegel, Bunte und Gala, bis das Rascheln beim Umblättern ins Träumen bringt. Irgendwann ist der nächste Saunagang dran, doch der rückt angesichts des wohligen Liegens in weite Ferne. Bei näherer Betrachtung hat so ein Tauchbecken eigentlich was Brutales. Wie schön dagegen war es damals bei minus 34 Grad im Schnee, in Lappland. Ach ja.
CB
Russisch-Römisches Bad im Stadtbad Mitte, Gartenstr. 5, 10115 Berlin, Tel. (0 30) 2 81 06 66, Mo.–Fr. 16–23 Uhr, Sa./So. 14–21 Uhr, Di./Do. Damentag