: 260 Euro jährlich sorgen für Unfrieden
Beim Hamburger Hafenbetrieb HHLA hängt der Haussegen schief: Der Vorstand verklagt Ver.di wegen eines selbst ausgehandelten Bonus für Gewerkschaftsmitglieder. Der allerdings gilt in allen deutschen Seehäfen
Kapriole im Hamburger Hafen. Offenbar auf Weisung des schwarz-grünen Senats soll die Leitung der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) vor dem Arbeitsgericht klagen, um eine Bonus-Klausel aus dem Haustarifvertrag gestrichen zu bekommen, die sie selbst abgeschlossen hatte. Und das nicht, weil die Klausel Kosten verursachen würde, sondern weil nur Gewerkschaftsmitglieder in ihren Genuss kommen sollen.
Das Problem der so genannten „Trittbrettfahrer“ ist für alle Gewerkschaften ein alt bekanntes: Beschäftigte, die zwar von den gewerkschaftlich durchgesetzten Regelungen profitieren, selbst dafür aber keinen Cent gezahlt haben und auch nicht anderweitig aktiv geworden sind.
In den Tarifverhandlungen mit dem Zentralverband der deutschen Seehäfen setzte die Gewerkschaft Ver.di daher erstmals eine Vorteilsregelung durch, nach der nur Ver.di-Mitglieder eine „Erholungsbeihilfe“ in Höhe von 260 Euro jährlich erhalten. Für Hamburgs Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose ist der Passus eher ein „Nachteilsausgleich“: Ver.di-Mitglieder zahlen in der Regel ein Prozent ihres Gehalts als Mitgliedsbeitrag. In dem HHLA-Haustarif wurde die Regelung übernommen, der Aufsichtsrat segnete sie ab. Es seien Gewerkschaftsmitglieder, so Rose, „die im Zweifel einen Streik führen und ein persönliches Risiko auf sich nehmen“.
Nun aber hat die Senats-Kommission für öffentliche Unternehmen beschlossen, auf alle Betriebe mit Stadt-Beteiligung einzuwirken – Hamburg hält 70 Prozent an der HHLA – derartige Klauseln nicht zu unterschreiben. Damit begibt sich die Elb-CDU in Widerspruch zum Nordrhein-westfälischen CDU-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann: Der hatte sich unlängst für die Stärkung der Tarifautonomie und den Erhalt von Flächentarifverträgen durch finanzielle Anreize für Gewerkschafter ausgesprochen.
Laut Unternehmenssprecher Florian Marten möchte die HHLA mit der Feststellungsklage lediglich „juristische Unsicherheiten“ überprüfen lassen. Unsicherheiten, die HHLA-Personalchef Rolf Fritsch offenbar nicht hatte, als er in den Haustarifverhandlungen den Bonus sogar noch anheben wollte, was Ver.di kurioserweise ablehnte – aus Solidarität mit anderen Hafenbetrieben. Der Senat bestreitet indes, auf die HHLA eingewirkt zu haben. Ver.di-Chef Rose ist empört: „Der Senat duckt sich weg und scheut sich, seine antigewerkschaftliche Linie öffentlich zu vertreten.“
Für HHLA-Betriebsratschef Arno Münster ist das Vorgehen ein Affront gegen die 3.500 Beschäftigten. Beim Nachbarn und Mitbewerber Eurogate werde der Bonus ohne Murren gezahlt. „Wir wissen, was zu machen ist, wenn man uns nicht mehr liebt“, sagt Münster: „Wir können die Kapazität auch auf 30 Prozent runterfahren, ohne dass wir streiken müssen.“ KAI VON APPEN