Das Warten hat sich gelohnt

Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst kann auf Deutschlands Beamte übertragen werden. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen

von BARBARA DRIBBUSCH

Beamte haben es schwer. Wer das Wort „Beamtenwitz“ in eine Internetsuchmaschine eingibt, erhält 350 Treffer, die sich um das Klischee vom überversorgten und unterbeschäftigten Staatsdiener ranken. Doch allen Imageproblemen zum Trotz konnten sich die Beamten gestern freuen: Der jüngste Tarifabschluss im öffentlichen Dienst soll voll auf die Staatsdiener übertragen werden. Das versprach der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Fritz Rudolf Körper, gestern auf der Arbeitstagung des Deutschen Beamtenbundes (DBB) in Bad Kissingen. Körper war in Vertretung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) angereist, Schily ließ sich wegen der schlechten Witterungsverhältnisse entschuldigen.

Die Beamten hatten sich zuvor gesorgt, dass ihnen das für Arbeiter und Angestellte erzielte Tarifergebnis möglicherweise nicht in voller Höhe zugesprochen wird. „Wir haben ja in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass die Besoldung nicht eins zu eins der Tariferhöhung im öffentlichen Dienst angepasst wurde“, erklärte Frank Zitka, Sprecher des DBB. In den vergangenen Jahren wurden die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst für die Beamten manchmal erst mit einer Zeitverzögerung von einigen Monaten übernommen. Im Jahr 2000 wurde ihnen gar eine Nullrunde verordnet.

Der Abschluss, den Ver.di in der letzten Woche für den öffentlichen Dienst erzielt hat, soll „zeit- und inhaltsgleich“ für die Beamten übernommen werden, betonte Körper gestern. Das bedeutet, die Staatsdiener bekommen in diesem Jahr eine Solderhöhung von 2,4 Prozent und im Jahr 2004 noch einmal zwei Steigerungen um jeweils 1 Prozent. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 27 Monaten. Körper wies allerdings darauf hin, dass noch Bundestag und Bundesrat der Einkommenserhöhung zustimmen müssen.

Unklar blieb gestern, wie einzelne Entlastungen im Tarifabschluss für das Besoldungsrecht übernommen werden können. So sieht der Ver.di-Abschluss vor, dass die Arbeitnehmer einen freien Tag im Jahr opfern und dass die automatische Anhebung der Gehälter nach Dienstalter halbiert wird. Aufgrund der Unterschiede im Tarif- und Besoldungsrecht könne man diese Entlastungen nicht einfach übertragen, sagte Zitka.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) protestierte gestern gegen die Anhebung der Beamtenbesoldung. Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hätte wegen der schlechten Haushaltslage nicht eins zu eins auf die Beamten übertragen werden dürfen, sagte BdSt-Sprecher Eike Möller. Schon für die Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst hatte der BdSt eine Nullrunde gefordert. Die Beamten seien zusätzlich privilegiert, da sie „bombensichere Arbeitsplätze“ hätten, so Möller.

Froh über die Anpassung war Eberhard Geyer, Vorsitzender des Beamtenbundes. Er ging sogleich in Vorlage und forderte eine Reform des Staatsdienstes. Weiter regte er einen runden Tisch von Politik, Beschäftigten, Gewerkschaften und Bürgervertretern an, um den öffentlichen Dienst „zukunftsfähig zu machen“. Dazu gehöre eine „rigorose Aufgabenkritik“. Der Verbandschef räumte ein, dass es Bereiche im Staatsdienst gebe, „wo wir getrost Personal und Sachmittel abbauen können, indem wir zum Beispiel frei werdende Stellen einfach nicht mehr besetzen“.

In Deutschland gibt es rund 1,9 Millionen Beamte, ihre Zahl ist seit Mitte der 90er-Jahre nur um 50.000 Personen gesunken. Der Personalabbau bei den Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst hingegen hat sich radikaler vollzogen.

Auf den Internetwitzseiten wird jedenfalls schon das Image vom faulen Beamten mit halbgaren Witzen revidiert. „Großer Umzug im Finanzamt. Alle Beamten tragen zwei Ordner in die neuen Amtsstuben. Nur Müller trägt immer nur einen Ordner. Als das der Chef des Finanzamtes sieht, stellt er Müller zur Rede. Ohne zu zögern, antwortet Müller: ‚Was kann ich dafür, wenn die anderen zu faul sind, zweimal zu laufen?‘ “