: off-kino Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet
Viel Glück hat dem französischen Regisseur und Komiker Jacques Tati sein Film „Playtime“ (1967) zu Lebzeiten nicht gebracht – dafür bescherte er ihm gerechterweise eine Menge Nachruhm. Mehrere Jahre hatte Tati mit der Produktion des Films verbracht und dafür extra eine ganze Kulissenstadt in der Nähe von Paris errichten lassen, in die er auch sein Privatvermögen investierte. Als „Playtime“ schließlich an der Kinokasse floppte, stürzte die Ignoranz des Publikums Tati in den finanziellen Ruin.
„Playtime“ stellt die radikalste Ausführung von Tatis Ideen zu seinem Dauerthema dar, der Verlorenheit des Menschen inmitten der perfekt durchorganisierten, kalten, „modernen“ Welt. Der Versuch, eine geschäftliche Verabredung einzuhalten, endet für den von Tati verkörperten Monsieur Hulot in einer Odyssee durch ein imaginäres, hypermodernes Paris voller Glas- und Betonfassaden, durch Bürogebäude, Einkaufspassagen, Verkaufsausstellungen und ein neu eröffnetes Restaurant. „Playtime“ beginnt mit einer Sequenz am Flughafen, doch die Räume, die Tati filmt, sind austauschbar und ihrer Funktion praktisch entkleidet: Man kann keinen Flughafen darin erkennen, genauso gut könnte es sich um ein Konferenzzentrum oder ein Krankenhaus handeln. Die Szenen in dem Restaurant, in dem am Eröffnungsabend noch immer die Handwerker werkeln, zeigen hingegen, dass es immer erst dann gemütlich und vergnüglich wird, je chaotischer es zugeht. Der Film besitzt eine Unmenge an Gags und wirkt trotzdem eher beklemmend als komisch: Überwiegend in Totalen gefilmt, rückt „Playtime“ die Gags häufig an den Rand des Geschehens; sie sind lediglich ein Teil von Monsieur Hulots orientierungslosen Irrläufen, oft werden sie von langer Hand vorbereitet, um dann fast beiläufig irgendwo im Hintergrund abzulaufen.
Tati hatte „Playtime“ auf 70-mm-Material gedreht, das seiner Art der Inszenierung (starre, tiefenscharfe Totalen) sehr entgegenkam. Das Fernsehen kann davon letztlich nur einen sehr unzureichenden Eindruck vermitteln – ein Grund mehr, sich die neue 70-mm-Kopie im Arsenal anzusehen.
„Playtime“ 17. 1. im Arsenal 1
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Früher lautete ein Disney-Motto: Es kann nur einen geben. Fortsetzungen von Erfolgsfilmen waren folglich verpönt. Heute sieht man das alles ein wenig anders, da wird jeder Erfolg gleich zu einer Fernsehserie oder einem Sequel verarbeitet. „Das Dschungelbuch, Teil 2“ ist bereits angekündigt, und auch der Zeichentrick-Klassiker „Peter Pan“ (1953) bekam neunundvierzig Jahre nach seiner Erstaufführung mit „Peter Pan – Neue Abenteuer in Nimmerland“ eine Fortsetzung verpasst. Die Produktion von Robin Budd und Donovan Cook entstammt der Abteilung von Disney Television Animation, wo man sonst den eher anspruchslosen Direct-to-Video-Markt beschickt (der Kinostart des Films warb lediglich für die Video/DVD-Veröffentlichung) –, doch auch wenn der Film zeichnerisch dem Vergleich mit dem 53er-Original nicht standhält (der Detailreichtum fehlt, und die Figuren wirken erheblich glatter), ist man zumindest dem Geist und den Charakteren überraschend treu geblieben: Peter und die verlorenen Jungs weigern sich nach wie vor, erwachsen zu werden, Käpt’n Hook und seine Piraten sind noch immer ebenso hinterlistig wie feige und komisch, und auch die Fee Tinkerbell wird wie eh und je von Eifersuchtsanfällen geplagt. An die Stelle der mittlerweile verheirateten Wendy tritt nun ihre selbstbewusste Tochter Jane, doch auch so bleibt nahezu alles beim Alten: ein wenig Kinderglaube, ein bisschen Feenstaub – und schon wird geflogen, getollt und gefochten, was das Zeug hält.
„Peter Pan – Neue Abenteuer im Nimmerland“ 19. 1. im Thalia Movie Magic 2
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Immer wieder gern gesehen: „Napoléon“ statt als Fernseh-Euro-Pudding-Langweiler lieber als monumentaler Avantgarde- und Experimentalfilm von Abel Gance. Drei Jahre drehte der französische Regisseur an seinem Hauptwerk und beschäftigte dabei tausende von Komparsen und hunderte von Technikern. „Napoléon“ beeindruckt unter anderem mit der Verwendung des Polyvision-Verfahrens, eines frühen Breitwand-Experiments: Auf drei separaten Leinwänden bot sich Gance die Gelegenheit, wahlweise ein gewaltiges Panorama zu schaffen (wie in den Sequenzen von Napoleons Italienfeldzug) oder das mittlere Bild wie bei einem Triptychon durch die „Seitenflügel“ zu kommentieren. Der britische Filmhistoriker Kevin Brownlow rekonstruierte den im Lauf der Jahre immer wieder gekürzten, veränderten und verfälschten Film in den 80er-Jahren.
„Napoléon“ 22. 1. im Arsenal 2
LARS PENNING