: Doch kein Wunder
Lehrer-Arbeitszeitkommission realisiert Vollversorgung nur, wenn sie den Bedarf um drei Prozent herunterrechnet. Klassen werden größer und seltener geteilt
Es wäre auch zu schön gewesen: Die Stadt schafft ein neues Arbeitszeitmodell für Lehrer, sorgt damit für eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung und spart dabei nichts ein. Wie der Leiter der Arbeitszeitkommission Reiner Schmitz allerdings einräumte, wird die von der Schulbehörde umjubelte Vollversorgung der Unterrichtstafel mit Hilfe einer dreiprozentigen Bedarfsabsenkung realisiert.
In dem Kommissonsbericht, der der taz vorliegt, heißt es umständlich: „Nach der im Sommer 2002 vorgenommenen Absenkung (bei den Gesamtschulen Sekundarstufe I: 10,1 %, den Gymnasien Klasse 7–10: 3 % und Sekundarstufe II: 3,2 %) werden die allgemein bildenden Schulen nunmehr proportional zu den bestehenden Bedarfsgrundlagen versorgt (d. h. um ca. 3 % abgesenkt).“ Will sagen: Was vorher 97 Prozent Unterrichtsversorgung waren, wird jetzt einfach zu 100 Prozent. „Nach der Sparwelle vom Sommer kommt eine zweite auf die Schulen zu“, sagt GEW-Chefin Stephanie Odenwald.
Schmitz hatte die Bedarfsabsenkung als „vertretbar“ verteidigt. Denn der Bedarf sei in Zeiten des Pillenknicks hochgeschraubt worden, „als es relativ viele Lehrer und wenige Schüler gab“. Weil der Bedarf nur rechnerisch, nicht aber tatsächlich abnimmt, funktioniert die Absenkung über größere Klassen und eine neue Verteilung der Teilungsstunden. In Schmitz‘ Modell werden die bisherigen „Orientierungsfrequenzen“ für die Klassengröße durch „Basisfrequenzen“ ersetzt. Je höher die überschritten werden, desto eher sind Teilungsstunden für den Fachunterricht möglich. Konnte beispielsweise eine Gesamtschule bisher aus zwei Klassen drei Kurse bilden, so werden künftig nur noch vier Kurse aus drei Klassen möglich sein.
Wie berichtet, basiert das neue System auf einer Lehrerjahresarbeitszeit von 1766 Stunden. Bisher war nur festgelegt, wie viele Stunden pro Schulform ein Lehrer unterichten muss. Künftig wird das nach Fächern differenziert. So muss ein Deutschlehrer weniger arbeiten, weil er pro Unterrichtsstunde 51 Minuten Vorbereitungszeit angerechnet bekommt. Ein Musiklehrer erhält kaum Vorbereitungszeit. Ist das sein einziges Fach, muss er also bis zu 32 Stunden geben. Die Kommission warnt jedoch davor, das Arbeitszeitmodell schon zum 1. August ohne vorherige Pilotphase einzuführen.
SPD-Schulpolitikerin Britta Ernst nennt das Modell eine „vernünftige Reform“, die aber nur ohne Einsparpotenzial funktioniere. Sonst sei der Konflikt vorprogrammiert. KAIJA KUTTER