: „Politische Insolvenz“ ist möglich
Die Initiative Berliner Bankenskandal fordert das Abgeordnetenhaus auf, dem Nachtragshaushalt nicht zuzustimmen. Außerdem bereitet sie ein Bürger- und Expertenhearing vor, um Licht in das Dunkel des Bankenskandals zu bringen
von WALTRAUD SCHWAB
Die Initiative Berliner Bankenskandal fordert die Abgeordneten auf, dem Nachtragshaushalt aufgrund der Bankenschieflage nicht zuzustimmen. Verschleppung der Aufklärung, Bereitstellung von 300 Millionen Euro für die verschuldete Bankgesellschaft und Kürzungen bei sozialen Projekten passten nicht zusammen, sagte gestern Peter Grottian.
Der Protest der Intitiative, die letzten Herbst Aufsehen erregte, als sie zu einem Grunewaldspaziergang aufrief, der an Villen einiger Verantwortlicher des Bankenskandals vorbeizog, geht also weiter. Ihr Engagement richtet sich nun jedoch verstärkt an die Politiker im Abgeordnetenhaus. Soll es zu einer Aufklärung kommen, müssten diese aktiv werden. Sie dürften sich nicht noch einmal so täuschen lassen wie im April 2002.
Damals stimmten die Abgeordneten einer Abschirmung der Risiken in Höhe von 21 Milliarden Euro zu, die durch das Geschäftsgebaren der Bankgesellschaft, für die das Land bürgt, angehäuft wurden. Die Parlamentarier seien damals instrumentalisiert worden. Zuverlässige Informationen, auf deren Basis sie eine Entscheidung hätten treffen können, lagen ihnen erwiesenermaßen nicht vor.
Experten der Initiative, wie der Verfassungsrechtsprofessor Albrecht Dehnhard, gehen davon aus, dass die Risikoabschirmung verfassungsrechtlich gar nicht zulässig ist. Weder vom Verfahren noch vom Inhalt her. Alle drei Berliner Oppositionsparteien klagen bereits beim Berliner Verfassungsgericht auf Feststellung, dass der derzeitige Landeshaushalt verfassungswidrig sei. Dennoch: die Zeit dränge, da die einzige Lösung der Bankgesellschaftsmisere, die der Senat anvisiert hat, nämlich der Verkauf, im Grunde gescheitert sei und durch Untätigkeit weiter Schulden angehäuft würden. Die Risiken sind nicht zu kalkulieren, weder für Bieter noch für Bürgen, zumal bis heute keine Transparenz über das tatsächliche Geschäftsgebaren der Bankgesellschaft besteht.
Die Kritik der Initiative richtet sich vor allem an jene Politiker, die die Aufklärung verschleppten. An erster Stelle werden Finanzsenator Sarrazin und Justizsenatorin Karin Schubert (beide SPD) genannt. Weder komme die strafrechtliche Verfolgung in Gang, noch komme Sarrazin seiner Pflicht, die Abgeordneten über den Stand der Erkenntnisse zum Bankenskandal zu unterrichten, adäquat nach. Sarrazin zeige sich rigoros nur bei Kürzungen der sozialen und gesellschaftlichen Infrastruktur, die Aufklärung des Bankenskandals aber werde verhindert. Alternativen zum Verkauf würden bisher nicht ernsthaft geprüft, so der Vorwurf. Hinzu komme, dass auch der Bund bisher nicht tätig werde, obwohl er letztlich finanziell in der Pflicht sei, weil das Land zwar nicht juristisch, wohl aber ökonomisch und politisch in die Insolvenz gehen kann.
Um die Aufklärung voranzutreiben, veranstaltet die Initiative Berliner Bankenskandal deshalb am 1. Februar ein Bürger- und Expertenhearing zum Bankenskandal in der Kulturbrauerei.