: Arbeitsbedingungen kontrollieren
betr.: „Krank? Beweisen Sie das!“, taz vom 14. 1. 03
So dankenswert es ist, dass ihr das Thema „Folgen der Arbeitsbedingungen“ aufgreift, umso wichtiger ist es mir, einiges richtig zu stellen:
1. Rein rechtlich gibt es einen Unterschied zwischen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (die von den Rentenversicherungsträgern geleistet wird) und einer Rente wegen einer Berufskrankheit (die von den Berufsgenossenschaften zu leisten ist). Berufsgenossenschaften dürfen überdies nur Berufskrankheiten anerkennen, die auf der Liste der Berufskrankheiten des Bundesarbeitsministeriums stehen, und auf dieser sind Erkrankungen durch Tonerstaub gegenwärtig nicht vorgesehen. Leider spielen die Sozialgerichte bei der Durchsetzung der Anerkennung von Berufskrankheiten ebenfalls keine besonders gute Rolle und bestätigen die medizinischen Gutachter vielfach in ihren Ablehnungen.
2. Richtig ist aber auch, dass Gefährdungsquellen von den Berufsgenossenschaften oft verharmlost werden, wie euer Beispiel zeigt. Andererseits jedoch warnt zum Beispiel die Berufsgenossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik ausdrücklich vor der schädlichen Wirkung von Tonerstaub – es gibt also durchaus Unterschiede zwischen einzelnen Berufsgenossenschaften.
3. In diese Entwicklung passt die Forderung, die zum Beispiel von der parlamentarische Staatssekretärin der Grünen im Bundesumweltministerium, Margarete Wolf, erhoben wurde: Man müsse die Berufsgenossenschaften privatisieren. Voraussehbare Folge: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten werden dann in einem noch geringeren Maß entschädigt, Rehabilitation und Prävention finden nur noch beschränkt statt.
4. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird nicht nur von den Arbeitgebern, sondern auch von den Länderregierungen meist nur unter Kostengesichtspunkten gesehen. Die für den Arbeitsschutz zuständigen Gewerbeaufsichtsämter sind in den letzten Jahren personell und finanziell stark ausgedünnt worden, staatliche Kontrolle der Arbeitsbedingungen in den Betrieben ist aber dringend erforderlich.
Wichtiger als die Darstellung spektakulärer Fälle wäre meines Erachtens eine Darstellung der finanziellen, personellen und strukturellen Mängel unseres betrieblichen Arbeitsschutzsystems, die zu Gesundheitsschädigungen führen und überdies die Sozialversicherung finanziell erheblich belasten. Der taz stünde ein solch nachhaltiger Journalismus, der sich nicht ahistorisch von Vorfall zu Vorfall hangelt, gut an. MAX ANGERMAIER, Köln