: Katholisches Gloria auf die Ehe
betr.: „Training für die Liebe“, taz zwei vom 24. 9. 08
Ein katholisches Gloria auf die Ehe durften wir da lesen. Welch Neuigkeit! Und dass die Trennungen jetzt durch zwanghafte Kommunikationsseminare im Vorfeld vermieden werden sollen, bitte schön. Wer meint, er und sie müssen sich im Rahmen einer kirchlichen Eheschließung absichern (andere Kombinationen sie und sie oder er und er sind hier ja schön ausgeschlossen) und ist so überzeugt von der Ewigkeit seiner Partnerschaft, wird diesen Lehrgang auch über sich ergehen lassen. Vielleicht sagt das ja auch aus, dass an diesem tollen Konzept der Zweisamkeit und Liebe für immer und ewig etwas nicht stimmen könnte?
An alternativen Ideen bietet die Autorin ja reichlich: Promi-Affären in verschiedenen Konstellationen! Dass dies in der Tat Lösungen für eine Beziehung sein könnten oder aber Vorstufen zu Scheidungen, wird hier nicht diskutiert. Trennungen, speziell Scheidungen, seien eine Art Misserfolg, wird hier vermittelt. Dass das erwähnte Institut selbst „wissenschaftlich“ die Wirksamkeit der eigenen Kommunikationsseminare belegt, erstaunt wenig. Allein die Verringerung der Häufigkeit von Scheidungen ist kein Kriterium für Erfolg. Da müssten doch schon etwas mehr Aspekte einfließen, wie Zufriedenheit in der Beziehung beispielsweise. Vielleicht fühlen sich besonders christlich geprägte Frauen (und auch Männer) nach wie vor unfrei und als Geschiedene wenig akzeptiert, vielleicht auch ökonomisch abhängig oder als Arbeitnehmerinnen bei katholischen Trägern (z. B. Caritas, mit Steuergeldern subventioniert) benachteiligt und bangen um Aufstiegsmöglichkeiten oder gar um die Anstellung.
Da scheinen Ideen wie die von Frau Pauly, die Ehe von Anfang an im Zeitverlauf zu begrenzen, durchaus intelligent und modern. Partnerschaften sollten aus freien Stücken geschlossen und aufrecht erhalten werden und nicht, weil steuerliche Vorteile locken oder gesellschaftliche Stigmatisierung droht. Vielleicht sollte ja auch diskutiert werden, ob es noch zeitgemäß ist, Ehen zu bevorzugen gegenüber anderen Lebenskonzepten, ob es das Singledasein ist, allein erziehende Elternteile, homosexuelle Partnerschaften oder Lebensgemeinschaften mit drei oder mehr Beteiligten, womöglich über Generationen hinweg und vielleicht auf einer anderen schönen Idee von (Menschen-)Liebe beruhend. NORBERT O. SCHNEIDER, Nürnberg