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Archiv-Artikel

Reform ja, Ausverkauf nein

DGB legt Reformkonzept für Berufsschulen vor und warnt vor Privatisierung: 20.000 vollschulische Ausbildungsplätze in Gefahr. Behörde rudert derweil zurück

Rudert FDP-Bildungssenator Rudolf Lange nun bei all seinen strittigen Vorhaben zurück? Gestern wurde bekannt, dass die Abschaffung der Beobachtungsstufe für Haupt- und Realschüler revidiert wird. Und auch die Pläne, die 48 Berufsschulen auf Betreiben der Handelskammer zu privatisieren, geraten ins Stocken. Eine für den 24. Januar geplante Tagung, auf der die Behörde ein Eckpunkte-Papier vorstellen wollte, wurde abgesagt.

„Die Berufsschulen werden nicht privatisiert“, sagt Behördensprecher Hendrik Lange. Es werde lediglich „geprüft“, ob ein anderer Rechtsstatus sinnvoll sei. Dabei sei aber nicht an eine Trägerschaft durch die Handelskammer gedacht. Lange: „Die Handelskammer wünscht sich großen Einfluss. Wir sind aber auch dafür zuständig, Interessen der Berufsschüler zu vertreten.“ Auch die Schaffung von großen Bildungszentren mit 5000 Schülern sei „nicht mehr geplant“.

Ingo Schlüter, beim DGB-Nord für Berufsbildung zuständig, traut dem Frieden nicht. „Es ist zwar nicht mehr von der Handelskammer, aber immer noch von einem ‚wirtschaftsnahen‘ Träger die Rede“, kritisierte er gestern vor der Presse.

Schlüter legte gemeinsam mit DGB-Landeschef Erhard Pumm ein eigenes Zehn-Punkte-Reformpapier zur Zukunft der Hamburger Berufsschulen vor. Sein Fazit: Es gibt Bedarf für Reformen, aber dafür sei ein Rechtsformwechsel gar nicht nötig. Sollten die Berufsschulen in „wirtschaftsnahe Trägerschaft“ überführt werden, fürchten Schlüter und Pumm das Aus für die 20.000 vollschulischen Ausbildungsgänge. Denn von den 56.000 Berufsschülern haben nur 35.000 eine Lehrstelle. Schlüter: „Die Kammer hat nur das Interesse, gute Bewerber in die Betriebe zu bekommen.“ Benachteiligte würden nicht gefördert, weil es sich nicht rentiert.

Der DGB selbst sieht einen großen strukturellen und pädagogischen Reformbedarf. So müsse die Allgemeinbildung forciert und eine „Feedback-Kultur“ zwischen Lehrern und Schülern gefördert werden. Auch sollte die Budget- und Personalhoheit der Einzelschulen ausgeweitet werden. Die derzeitige „streng hierarchische Beziehung“ zwischen Administration und Schule gehöre abgeschafft. Dafür müsse die „unsinnige Regelflut“ durch „Rahmenvereinbarungen“ ersetzt und die „Binnenreform“ der Verwaltung vorangetrieben werden. Selbst einer „output-orientierten Steuerung“ wolle sich der DGB nicht verwehren, sofern dies von den „betroffenen Akteuren mitgetragen wird“. KAIJA KUTTER