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Archiv-Artikel

Zur Notwehr ein Messer in der Tasche

Im Mai stach ein Mann auf St. Pauli auf zwei Brüder ein. Notwehr, sagte der Verteidiger gestern beim Prozessauftakt

In Notwehr will ein 20-Jähriger auf St. Pauli zwei Brüder niedergestochen und dabei einen der Männer getötet haben. Seit Montag wird vor dem Landgericht in einem Totschlagsprozess untersucht, ob diese Version für die Tat am 10. Mai zutreffend ist. Die Anklage wirft dem Täter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor. Laut Staatsanwaltschaft soll er nach einem Streit auf die 26 und 27 Jahre alten Geschwister eingestochen haben. Der jüngere der Brüder starb, der andere erlitt eine Schnittverletzung im Gesicht.

Der aus Hamburg stammende Verdächtige hatte sich wenige Tage nach der Tat auf einem Flughafen in London der Polizei gestellt. Der Angeklagte räumte den Messerangriff in einer von seinem Verteidiger vor Gericht verlesenen Erklärung ein. Sein Mandant habe allerdings in Notwehr gehandelt und das Messer nur „zu seinem Schutz“ eingesetzt, führte der Anwalt zum Prozessauftakt aus.

Die Anklage gegen den 20-Jährigen stütze sich auf eine „selektive Auswahl“ von Zeugenaussagen bei der Polizei. Andere Beobachter des Geschehens könnten bestätigen, dass der Angeklagte während des Streits versucht habe, sich ohne Gewaltanwendung zu entfernen. Von wem die Aggressivität ausgegangen sei, müsse nun das Gericht klären.

Ein weiterer Anwalt, der die Schwester des einen Opfers als Nebenklägerin vertritt, wies die Darstellung der Verteidigung zurück. „Meines Erachtens hat es keine Notwehrsituation gegeben“, sagte der Rechtsbeistand. Er stützt sich in seiner Argumentation auf Beobachter, die den nächtlichen Streit in einer Nebenstraße der Reeperbahn aus nächster Nähe verfolgten. Diese würden die Notwehr-Version nicht bestätigen. Ihnen zufolge habe der Angeklagte jederzeit die Möglichkeit zur Flucht gehabt, berichtete der Anwalt.

Der Prozess wird weiter fortgesetzt. DPA