Contra: Die SPD ist unberechenbar geworden : Die Umfaller vom Dienst
Manchmal beschleicht einen Mitleid mit der CDU. Da schließen sie mit den Sozis lauter Kompromisse – nur um zu warten, wann die SPD wieder umfällt. Letztes Beispiel: Studienkonten (Interview Seite 22). Vorher war’s dasselbe Spiel mit Altpapier-Tonnen und der Burgerpiste durchs Weserstadion.
Hier kapituliert die Sozialdemokratie vor einer Handvoll gut mobilisierter Wohlstandslinker, die in ihren gepflegten Vorgärten keine Überreste des kulturimperialistischen Erzübels McDonald‘s dulden. Dort vor einer Kampagne der beiden ersten Print-Verlage am Platze, die bei gebührenpflichtiger Altpapierentsorgung um ihre Auflage fürchten müssen. Und bei den „Bummelstudenten“ genügt für den nächsten Umfaller sogar ein Brief der Hochschulrektoren, die ihren Professoren lästige Beratungsarbeit vom Halse halten wollen.
Zugegeben, der Kompromiss war Murks: Ausgerechnet eine große Koalition wollte die radikalste Regelung der Republik gegen Teilzeitstudenten verabschieden. Die Gegenargumente der Rektoren hatten Studenten und Grüne längst vorgebracht. Aber die SPD duckt sich lieber hinter akademischen Titeln ab, weil in den Verhandlungen mit der CDU vorher das Stehvermögen gefehlt hat.
Nun sind also alle so schlau als wie zuvor – nach der Schulpolitik das nächste Patt in der großen Koalition. Diese Form des Politikverzichts wird sich zum Wahltermin hin häufen – und den Mangel an Gemeinsamkeiten offenlegen. Jan Kahlcke