: Gerichtsurteil stärkt die AOK
Bundessozialgericht rettet den Risikoausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen: Wettbewerb soll nurden Versicherten nützen, nicht aber den Großkassen schaden. Klagen von Technikerkasse und BKK abgewiesen
von ULRIKE WINKELMANN
Das Bundessozialgericht in Kassel hat gestern entschieden, dass der Risikostrukturausgleich (RSA) in der Krankenversicherung in Ordnung ist. Der gesetzliche Ausgleichsmechanismus zwischen den gesetzlichen Kassen verstoße weder gegen das Grundgesetz noch gegen Europarecht. Ansonsten könne man aber durchaus an der „Akzeptanz und Transparenz“ des Verfahrens arbeiten.
Das Gericht wies damit insgesamt elf Klagen verschiedener Kassen, unter anderem der Techniker- und einiger Betriebskassen, zurück. Diese Kassen meinten, das sie zu viel in den Ausgleichtopf einzahlen müssten. Der RSA verhindere also, dass sie ihre Beiträge senken könnten.
Der RSA wurde 1994 eingerichtet, um den Wettbewerb zwischen den Kassen auszugleichen. Denn zwar sollten Mitte der 90er-Jahre die Versicherten erstmals zwischen den Kassen wählen dürfen, um diese zu Beitragsermäßigungen zu zwingen. Dadurch wanderten jedoch vor allem die „guten Risiken“ in die Betriebskrankenkassen – denn junge und gesunde Versicherte sind auch immer die mobileren und wechselfreudigen. AOK und DAK dagegen behielten die „schlechten Risiken“, nämlich alte und kranke, sprich teure Versicherte. Der RSA sollte nun alle Kassen so stellen, als wenn ihre Mitglieder ein durchschnittliches Risiko wären. Dreizehn Milliarden Euro, also rund ein Zehntel des gesamten Versicherungsaufkommens, wird mittlerweile im RSA umverteilt. Gegenwärtig dienen als Berechnungsgrundlage für den RSA Einkommen, Alter, Geschlecht, mitversicherte Familienmitglieder. Bis 2007 jedoch soll der RSA so umgebaut werden, dass einzig der Gesundheitszustand beziehungsweise die Krankheitsausgaben zählen: Morbiditätsorientierung ist das Wort dafür, man spricht vom „Morbi-RSA“.
Den Kläger-Kassen beschied das Gericht gestern, dass es Unsinn sei, „unter Hinweis auf einen so genannten Wettbewerb eine Abschaffung des RSA zu fordern“. Der Gesetzgeber könne Maß und Art des Ausgleichs selbst bestimmen und übrigens „auch eine Einheitskasse schaffen“. Der gewollte Wettbewerb sei bestimmt vom Wahlrecht der Versicherten, jedoch „kein subjektiv-öffentliches Recht der Kassen“. Das Bundesgesundheitsministerium und AOK jubelten gestern. Das Urteil „stärkt das Solidarprinzip“, sagte AOK-Chef Hans Jürgen Ahrens.
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