nebensachen aus goma : Spitzenqualität aus der Wellblechklitsche
Rebellion mit Autokennzeichen
Ein KFZ-Kennzeichen ist nicht nur ein Nummernschild, sondern auch Identitätsnachweis. Das Auto gehört zum Land, dessen Kennzeichen es trägt. Wenn nun Rebellengruppen ein Land unter sich aufgeteilt haben, sind unterschiedliche Autokennzeichen nur konsequent, um zu wissen, auf wessen Seite der Fahrer steht. Das dachten sich wohl auch die Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, als sie letztes Jahr beschlossen, eigene KFZ-Kennzeichen einzuführen.
Dottergelbe Buchstaben auf tiefblauem Grund gibt es jetzt in Spitzenqualität, extra in Südafrika angefertigt, viel schöner als das alte Blassgelb auf grünem Grund. Statt KV für Kivu steht da jetzt NK (Nord-Kivu) oder SK (Süd-Kivu). Der Preis: bis zu 120 US-Dollar, und neue Fahrzeugpapiere braucht man auch. Für die notorisch finanzschwache RCD-Rebellion ist das eine Goldgrube.
Nun hat im Ostkongo kaum jemand 120 US-Dollar übrig – das doppelte Jahresgehalt eines Lehrers, sofern er überhaupt eins erhält. Sogar ein Minister verdient offiziell nur 300 Dollar im Monat und muss davon seine Leibwache bezahlen, damit sie ihn nicht umbringt. Außerdem sieht kaum jemand ein, wieso er sein altes Kennzeichen aus der Zeit, als der Kongo noch geeint war, gegen eines tauschen soll, das nur die RCD anerkennt. Begegnet einem ein neuer Geländewagen mit dem Kennzeichen NK 0009 A, weiß man, dass der Besitzer von der RCD und sehr wichtig sein muss.
In Bukavu, Hauptstadt des Süd-Kivu, rufen Gegner der Rebellen zum Boykott der neuen Kennzeichen auf. In Goma, Hauptstadt von Nord-Kivu, ziehen die Leute das Durchwursteln vor. Manche kaufen ein neues Kennzeichen und legen es unter den Fahrersitz, um es dann bei Polizeikontrollen triumphierend hervorzuzaubern. Die Quittung aus Blech gibt es immerhin schon ab 15 Dollar. Wo Leute mit bloßen Händen Bergbau betreiben und Lava von verschütteten Straßen räumen, ist das handwerkliche Nachahmen industriell gefertigter Schilder ein Kinderspiel. Die Behörden unterbinden das nicht. Mitarbeiter der Steuerbehörde selbst beteiligen sich an den Generika-Schildern, heißt es – ein Geschäft, an dem alle Seiten verdienen. Mit der Drohung, bald gebe es keine Billigschilder mehr und irgendwann würden die alten verboten, besteht ein ständiger Kaufanreiz.
Ein Geschäftsmann besorgte gleich für seine beiden Autos neue Schilder. Leider ging bei der Montage etwas schief. Das eine Schilderpaar landete auf den beiden Vorderseiten, das andere auf den beiden Rückseiten. Jetzt hat er zwei identisch beschilderte Autos, die jeweils vorne und hinten dieselben verschiedenen Nummern tragen. DOMINIC JOHNSON