Barenboim will nicht das Sparschwein sein

Heute wird das Opernreformkonzept vorgestellt. Dirigent mobbt „irrelevanten“ Flierl wegen Kürzungen

Als nicht gerade taktvoll kann man die Ankündigung des Kultursenators bewerten, der Staatsoper Unter den Linden rund 7,2 Millionen Euro aus eigens erwirtschafteten Rücklagen abkassieren zu wollen. PDS-Mann Thomas Flierl will heute sein großes Reformpaket zur Neustrukturierung der drei Berliner Opernhäuser präsentieren. Dass hier schon das Geschrei um zukünftige Einsparungen laut werden wird, ist evident – entsprechend gut wäre es gewesen, auf ein paar Bühnenfreunde zählen zu können. Doch Flierl hat noch zusätzlich Öl ins Feuer gegossen – entsprechend bitter waren die Reaktionen auf seinen Vorstoß.

Zum Beispiel Dirigent Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper und Liebling von sehr spendablen Bundespolitikern: Kaum aus dem Airbus aus Wien heraus, noch in Hut und Mantel und auf dem Flughafen, hat Barenboim am Wochenende der „Räuberei“ den Kampf angesagt. Mit seinem Weggang aus Berlin hat er zwar nicht gedroht, „für den Kampf muss ich bleiben“, so sein Statement. Aber schlimmer noch. Flierl und sein Opernkonzept können ihn erst mal. Der Kultursenator komme als Gesprächspartner für ihn nun nicht mehr in Frage. „Er ist irrelevant für die Zukunft“, sagte der Dirigent.

Zum Beispiel Peter Mussbach, Intendant der Staatsoper und Wortführer der Fronde gegen Flierls Absichten, die Lindenoper nicht dem Bund zu übereignen: Mit der nun vorgesehehen Streichung der Rücklagen – zu allem Überfluss auch noch zur Sanierung des maroden Kulturetats – werde der Erfolg der Staatsoper „bestraft“. Die Gängelung eigener Initiative aus dem Hause des PDSlers komme „einer Rückkehr zur Planwirtschaft“ gleich. Der Kürzungsplan, so Mussbach und sein Direktor Georg Vierthaler unisono, schränke die künstlerische Arbeit und die Eigenständigkeit ein – von geplanten Neuproduktionen für 2004/2005 gar nicht zu reden.

Es ist zwar rechtens, dass Flierl als oberster Dienstherr der Oper dem Haus die Mittel entziehen kann – genau so wie es ihn verpflichtet, die Bühne mit 40 Millionen Euro zu subventionieren. Dass der Kultursenator aber mit seinem Reformpaket ante portas und dem Hinweis, dieses werde die Häuser zu mehr Wirtschaftlichkeit, aber auch und gerade zu mehr Eigenständigkeit und Verantwortung verpflichten, jetzt den Konflikt sucht, ist für die Herren Barenboim und Mussbach – zu Recht – schwer verständlich. Zumal die gerade beendete Tournee der Staatskapelle 800.000 Euro in die Kassen spülte. Da will man weder Flierls Sparschwein noch Entmündigter sein.

Räuber und Beraubte gehen sich zu einem Zeitpunkt, wo Gemeinsamkeit angesagt wäre, nun aus dem Weg: Flierl nach der Präsentation des Opernkonzepts in den Winterurlaub und Barenboim direkt von Tegel auf die Suche nach „Menschen, die so was nicht zulassen“. Der Beginn für eine Opernstrukturreform könnte nicht besser sein. ROLA