: Danke – und tschüs
Im Kampf gegen den Rechtsextremismus steht die Braunschweiger Arbeitsstelle Arug an vorderster Front. Doch weil das Bundessozialministerium seine Unterstützung eingestellt hat, ist die Zukunft der Arug ungewiss
Die Braunschweiger „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“ kämpft ums Überleben. Die Finanzierung sei nicht gesichert, sagt Geschäftsführer Reinhard Koch. „Wir sind nicht mehr im Bundesprogramm Xenos untergekommen.“ Um über das Jahr 2008 hinaus arbeiten zu können, sei man künftig verstärkt auf Landes- und Kommunenmittel angewiesen – die aber bleiben bisher aus.
Die Ablehnung aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wo das Xenos-Programm „gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung“ angesiedelt ist, kam Ende September. Seitdem sind viele Appelle zur Unterstützung erfolgt. „Das Aus wäre fatal“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen. Und Gundolf Algermissen vom DGB Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bezeichnete die Aufklärungsarbeit der Arbeitsstelle als „unverzichtbar“.
Die Appelle zeigten Wirkung. „Verschieden Akteure fragen nun bei Land und Kommune an, ob man vielleicht eine Förderungsmöglichkeit sehen würde“, berichtet Arbeitsstellen-Geschäftsführer Koch. Beschlossen sei aber noch nichts.
Seit ihr Gründung 1994 musste sich die Arbeitsstelle, kurz Arug, immer wieder über Modellprojekte finanzieren. „Von Beginn an fehlten dauerhafte kalkulierbare Zuschüsse“, sagt Koch. Dennoch gelang es der Arug, ein Beratungsnetzwerk aufzubauen. Die Arug bietet eine eigene Schriftenreihe zum Rechtsextremismus an, sie organisiert Präventionsprojekte für Zivilcourage. Allein in diesem Jahr habe man über 200 Informationsveranstaltungen und Fortbildungen ausgerichtet, berichtet Koch.
Die Arug ist in Niedersachsen unterwegs, berät Vereine und Gemeinden in der alltäglichen Auseinandersetzung. Aussteiger aus der rechten Szene können sich an sie wenden, um Hilfe zu bekommen.
Nach der Absage des Bundesministeriums sei die finanzielle Situation bei der Arug „nicht mehr haltbar“, sagt Jürgen Hoffmann, Geschäftsführer der Bildungsvereinigung „Arbeit und Leben Niedersachsen“, zu der die Arug gehört. Jahrelang habe „Arbeit und Leben“ die angespannte Finanzsituation der Arug entlastet. Ohne die Mittel aus Berlin könne die fehlende Grundabsicherung der Arug nicht mehr ausgeglichen werden.
Die Arug steckt in einer strategischen Zwickmühle. Im Prinzip gehe es in Ordnung, wenn der Bund Modellprojekte nur für einen begrenzten Zeitraum fördere, sagt Geschäftsführer Koch. Dann müssten aber Land und Kommunen für eine Verstetigung sorgen. Weil dies nicht geschah, musste die Arug die von ihr entwickelte Beratung von betroffenen Eltern schließen. Das bundesweit hoch gelobte Projekt war nur ein Modellprojekt.
In dieser Logik kann es passieren, dass ein erfolgreiches Projekt keine Weiterfinanzierung bekommt, während die gleiche Projektidee bei einem neuen Träger eine Modellfinanzierung erhält. So gehen Kompetenzen verloren. ANDREAS SPEIT