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Denkanstöße von ganz oben

Bundeschefin Merkel fordert von der Berliner CDU vor den heute beginnenden Tarifgesprächen eine Kursänderung. Beim umstrittenen Gesprächskreis „Hauptstadtunion“ sieht man sich bestätigt

von STEFAN ALBERTI

Die Worte der Bundeschefin klingen noch nach. Die Parteifreunde sollten sich ihre grundsätzliche Opposition zum Sparkurs des rot-roten Senats doch noch mal überlegen, war Angela Merkels Botschaft am späten Mittwochabend. „Da kann nicht alles so bleiben, wie es ist.“ Heute beginnen in Berlin separate Tarifverhandlungen zwischen Senat und Gewerkschaften – und die Union ist sich weiter uneins, welche Rolle sie dabei spielen soll.

Landeschef Christoph Stölzl sieht weiter keinen Grund, von seiner Haltung abzugehen. Wie Fraktionschef Frank Steffel kritisiert er den Tarifausstieg. Doch das sehen in Partei und Fraktion nicht alle so. „Ich bin der Auffassung, dass dem Senat gar nichts anderes übrig blieb“, sagte der Pankower CDU-Kreischef und Abgeordnete René Stadtkewitz gestern der taz. „Wir haben es in der Opposition noch nicht geschafft, einen Fahrplan aufzustellen, wohin es gehen soll.“

Noch deutlicher wurde am Abend vorher der Bundestagsabgeordnete Günter Nooke: „Wowereit geht in die richtige Richtung, Berlin muss sparen.“ Wenn die CDU gegen den Kurs des Senats opponiere, bekomme sie ein Glaubwürdigkeitsproblem. Die kritischen Worte fielen nicht irgendwo. Merkel äußerte sich beim Gesprächskreis „Hauptstadtunion“, in dem Nooke eine tragende Rolle spielt.

Dort treffen sich seit über einem Jahr vor allem zugezogene CDU-Mitglieder, darunter viele Ministeriale oder Bundestagsmitarbeiter. Wie Georg Eickhoff aus der baden-württembergischen Landesvertretung, einer ihrer Hauptakteure, 2002 Bundestagskandidat in Lichtenberg. Auch „Hugenotten“ nannten sie sich, bis die echten Hugenotten protestierten. Jetzt verwende man den Namen selbst nicht mehr, sagt Eickhoff.

Aber auch der zweite Name stößt auf Widerstand. Nicht dass Stölzl etwas gegen eine „Hauptstadtunion“ an sich hätte. Im Mai 2002 sprach er bei den „Hugenotten“ genau zu diesem Thema. Er lehnt es aber ab, dass eine Gruppe neben den in der Satzung vorgesehenen Gliederungen den Eindruck erweckt, sie spreche für die Berliner CDU. Im Dezember, als die Gruppe eigene Hauptstadt-Thesen vorlegte, krachte es. Denn der Landesverband hatte schon vor Monaten eine Kommission zum Thema eingesetzt. Für die fünf Westberliner CDU-Bundestagsabgeordneten Anlass, ihren einzigen Ostkollegen Nooke als Chef ihrer Landesgruppe abzuwählen.

Parteifreunde sehen den eigentlichen Zwist nicht zwischen „Hugenotten“ und Stölzl, der erst 2001 CDU-Mitglied wurde. Der lasse sich vor einen fremden Karren spannen: „Im Landesverband stehen ihm die ‚Hugenotten‘ doch am nächsten“, sagt ein Parteioberer. Gegner seien eher altgediente Bezirkspolitiker, die sich als unbewegliche Provinzler abgekanzelt fühlen.

Unterstützung von Merkel für die „Hauptstadtunion“ blieb am Mittwochabend trotz der sonstigen Kritik an der Berliner CDU aus. „Wenn man Karriere machen will, muss man den Ortsverband achten“, forderte Merkel Engagement in den kleinsten Parteigliederungen. Die „Hugenotten“, die Verkrustung und Delegiertenwesen der Berliner CDU beklagen, sollten nicht die Orte verklären, aus denen sie kommen.

Einen Ordnungsruf mag Eickhoff darin nicht sehen. Merkel habe schließlich auch offene Diskussionsstrukturen gefordet. Ihre Kurskritik begrüßte er: „Wir können die rot-rote Koalition nicht mit linkspopulistischen Parolen überholen.“ Sauer stößt ihm auf, dass Stölzl dem Gesprächskreis vorhielt, sich nicht integrieren zu wollen. Nur 32 von 247 Mitgliedern gehörten der Berliner Union an, hatte der Landeschef geäußert. „Das grenzt schon an üble Nachrede“, sagte Eickhoff der taz. Tatsächlich sei die Zahl höher. Stölzl beruft sich auf den Abgleich einer Einladungsliste mit der CDU-Mitgliederkartei.

Eickhoff sieht im Osten mehr Interesse für die Anstöße des Gesprächskreises. Zwei Vorsitzende von Ost-Kreisverbänden seien am Mittwoch dabei gewesen, überhaupt viele Ost-CDUler. „Die Bemühungen zur Reform der Partei kommen aus dem Osten der Stadt“, sagt Eickhoff.

Pankows Kreischef Stadtkewitz, durchaus offen für die „Hugenotten“, mag das ebenso wenig unterschreiben wie Mario Czaja, Chef in Marzahn-Hellersdorf. Zwar sei die Bereitschaft zu Veränderungen im Osten gewiss höher, weil die Parteien weniger verwurzelt seien, sagt Stadtkewitz – aber ein Ost-West-Graben? Nein, das dann doch nicht.

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