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Archiv-Artikel

Stromfresser Internet: Ohne Atomkraft surfen

Binnen einen Jahres steigt Stromverbrauch im Internet um knapp 40 Prozent, für Websites jetzt Logo „atomstromfrei“

FREIBURG taz ■ 16 Millionen Haushalte in Deutschland haben einen Internetanschluss, teilte gestern das Statistische Bundesamt mit. Lange Zeit wurde die schöne neue Welt des Internets auch als Öko-Fortschritt gelobt. Etwa, weil Mails angeblich nicht nur Papier sparen, sondern auch den Transport der Briefe vermeiden. Der Mythos wankt: Immer deutlicher wird inzwischen, dass man sich mit dem Internet einen veritablen Stromverbraucher heranzüchtet. In diesem Jahr dürften bereits mehr als 2 Prozent des deutschen Stromverbrauchs für das Netz draufgehen. Mit rasanten Wachstumsraten: Neueste Zahlen des Wuppertal Instituts für Klima und Energie weisen für 2001 gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme des Stromverbrauchs für das Internet um 36 Prozent aus.

Im Jahr 2001 sind in Deutschland bereits 6,8 Milliarden Kilowattstunden Strom, das sind 1,4 Prozent des Gesamtverbrauchs, für das Internet genutzt worden – das sind weitere Zahlen, die das Wuppertal Institut für Klima und Energie jetzt in einer Studie zusammengetragen hat. 2,35 Milliarden Kilowattstunden sind danach für den Betrieb der 17,3 Millionen Internet-PCs verbraucht worden, 1,91 Milliarden für die Server, 1,67 Milliarden für das Netzwerk und 0,87 Milliarden für die Sicherstellung einer unterbrechungsfreien Stromversorgung.

Bis 2010, so schätzt der Autor der Studie Claus Barthel, wird der Verbrauch des Internets in Deutschland auf 31,3 Milliarden Kilowattstunden ansteigen und dann bereits 6 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmachen – sofern man sich nicht mehr als heute um energieeffiziente Technologien bemühe. Mit sparsamen Geräten sei der Verbrauch immerhin auf 11,8 Milliarden Kilowattstunden bis 2010 zu begrenzen. Aber auch das sind noch 2,3 Prozent des gesamten Verbrauchs im Lande. In den USA liegen die Werte bereits heute höher. Geschätzt wird, dass dort bis zu 8 Prozent des heutigen Stromverbrauchs auf das Internet entfallen. Bis 2010 wird der Anteil auch in den USA weiter steigen – Experten schließen bis zu 50 Prozent nicht aus.

Wenn schon der Strombedarf steigt, dann solle das Internet wenigstens zu einer „atomstromfreien Zone“ werden, folgert der Hamburger Stromhändler Greenpeace Energy. Denn die Prognosen bis 2010 bedeuteten, dass künftig alleine für den Betrieb des Internets „die Produktion von drei Atomkraftwerken vom Typ Brokdorf“ notwendig werde, erläutert Firmensprecher Andreas Bähren.

So präsentierte der Stromhändler kürzlich als ersten Provider ohne Atomstrom die Hamburger New Media Markets & Networks, NMMN. Das Unternehmen betreibt seine Server seit neuestem zu etwa 70 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien und zu 30 Prozent aus Anlagen mit Gas-Kraft-Wärme-Kopplung. NMMN wird daher der erste Anbieter sein, der das neue Logo von Greenpeace Energy „Atomstromfreie Website“ verliehen bekommt. Möglichst viele sollen folgen. Denn: Gelinge der Abschied vom Atomstrom in dieser Boombranche, glaubt Andreas Bähren, hätte das „Signalwirkung für andere Technologien“ . BERNWARD JANZING