: Abschied eines Superlehrers
Heute bekommt Olaf Kleinschmidt einen Preis von Microsoft-Gründer Bill Gates und Angela Merkel. Weil er Deutschlands bester Lehrer am Computer ist. Danach gibt er seinen Job erst einmal auf
VON CHRISTIAN FÜLLER
Die Weltklasseschwimmerin Antje Buschschulte arbeitet mit seinem Konzept. Der Goldmedaillengewinner Andreas Ihle (2er Kajak) stützt sich auf seine Technik genauso wie der deutsche Handballmeister Daniel Wessig (THW Kiel). Dabei ist Olaf Kleinschmidt weder Supertrainer noch Dopingvirtuose, sondern ganz einfach Lehrer. Er hat ein mit viel digitaler Technik gestütztes Programm fürs Fernlernen entwickelt. Und bekommt dafür am Montag einen von Bill Gates ausgelobten Preis. Danach geht er.
Olaf Kleinschmidt, 45, ist von Haus aus Mathe- und Physiklehrer. Als er im Jahr 2000 ans Sportgymnasium Magdeburg kommt, hat er sich bereits zum Informatiklehrer fortgebildet. Das passt. Die Magdeburger sind gespickt mit Weltmeistern und Olympioniken, die große Teile des Schuljahres nicht an der Schule verbringen. Kleinschmidt hat dafür gesorgt, dass die Sportler trotzdem mitlernen können. Auf Handys mit großem Display und Computerfunktionen – MDA-Geräte genannt – werden ihnen die Hausaufgaben überall hin nachgesandt. Zeitversetzt können die Schüler sogar am Unterricht teilnehmen. Ihre Klassen in Magdeburg notieren die Tafelanschriebe auf sogenannten Tablet-PCs – so werden sie elektronisch gesichert. Und können von den Mitschülern überall auf der Welt über die Fernlernseiten des Sportgymnasiums abgerufen werden. Kleinschmidts Projekt heißt „moUnt“, „mobiler Unterricht“.
Kleinschmidt wird heute zusammen mit einem bayerischen Kollegen zum IT-fittesten Lehrer Deutschlands gekürt. Er erhält Hard- und Software im Wert von 2.500 Euro. Paten des Projekts sind der Microsoft-Gründer Bill Gates und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine Unternehmensgruppe aus der IT-Branche sieht ihn gar als neues Rollenmodell für die deutsche Lehrerschaft, die bislang mit E-Learning und digitalen Unterrichtsformen wenig am Hut hat.
Doch die Geschichte des IT-Superlehrers hat eine ironische Seite. Denn der Lehrer Kleinschmidt ist seit Kurzem keiner mehr. Er hat sich für zwei Jahre beurlauben lassen. Was ihn zu dem Schritt bewogen hat, ist die Reformträgheit der Schule. „Mit modernen IT-Techniken ist es nicht anders als mit dem individuellen Lernen – die Schule stellt sich nur sehr langsam darauf ein“, sagte Kleinschmidt der taz. Dabei ist die ganze digitale Technik für ihn nur ein Hilfsmittel, um zum selbstbestimmten Lernen zu kommen. Kleinschmidts Ziel ist nicht, möglichst viele Computer in die Schulen zu holen, sondern das Lernen 2.0 möglich zu machen. „Es gibt keine bessere Form der Aktivierung, Rückkopplung und emotionalen Steuerung des Lernens als mit Computern“, meint er.
Kleinschmidt geht der Schule nicht komplett verloren. Er betreibt jetzt eine Firma für mobile IT-Lösungen und zusammen mit Schülern online-lernhilfe.de. Dennoch ist Kleinschmidt ein Symbol dafür, wie wenig bereit das Schulwesen für andere Unterrichtsformen ist. Es hat seinen fittesten IT-Lehrer vergrault.