Verwaltung wird gläsern

Der schwarz-grüner Senat verabschiedet ein Informationsfreiheitsgesetz. Das verpflichtet jetzt auch Körperschaften, Stiftungen und Gesellschaften Öffentlichen Rechts, zügig Auskunft erteilen. Bisher galt das nur für Behörden

Es ist keine Avantgarde-Novelle, dennoch holt Hamburg jetzt nach, was es in Schleswig-Holstein schon gibt. Und: „Wir gehen sogar noch ein Stück weiter“, skizziert der GAL-Justizsenator Till Steffen das Dokument. Der schwarz-grüne Senat hat am Dienstag den Entwurf eines neuen Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet und in die Bürgerschaft eingebracht. „Es ist ein Baustein moderner Bürgerrechtspolitik“, freut sich Steffen. „Damit setzt der Senat ein rechtspolitisches Vorhaben aus der Koalitionsvereinbarung zügig um.“

Das Gesetz soll das im August 2006 in Kraft getretene Vorgängergesetz des CDU-Senats ablösen, das damals von Steffen in der Opposition als nicht weitgehend genug gegeißelt worden war. „Wir wollen die Bürgerbeteiligung stärken“, betont Steffen. „Zudem ist es ein weiteres Instrument im Werkzeugkasten der Korruptionsbekämpfung.“

So wird die Verpflichtung staatlicher Institutionen, Auskünfte zu erteilen, erweitert. Waren bislang nur Behörden verpflichtet, sich in die Akten schauen zu lassen, müssen sich nun auch Anstalten, Körperschaften und Stiftungen oder Gesellschaften des Öffentlichen Rechts in die Karten gucken lassen, die bislang als „mittelbare Staatsverwaltung“ vom alten Informationsfreiheitsgesetz ausgenommen waren.

Zudem müssen die Auskünfte schneller erteilt werden als bisher. So müssen staatliche Institutionen künftig innerhalb eines Monats über ein Auskunftsersuchen entscheiden. Die Verwaltung kann also nicht mehr die Auskunft oder Akteneinsicht erst dann gewähren, wenn der Verwaltungsvorgang abgeschlossen ist. „Das hat dann nur noch die Historiker interessiert“, sagt Steffen sarkastisch.

Wenn jetzt der erste Verwaltungsakt eines Verfahrens abgeschlossen ist, können Hamburger Auskunft verlangen. Das Auskunftsersuchen kann sowohl schriftlich, via Mail als auch per Telefon gestellt werden. Das aktive Nachfragen hat laut Steffen auch eine präventive Wirkung und führt dazu, das die Verwaltung transparenter arbeiten muss. Wenn ein Antrag abgelehnt wird, kann nach dem neuen Gesetz der Datenschutzbeauftragte – der fortan auch die Funkion des Informationsbeauftragten übernehmen soll – eingeschaltet werden. Diese Stelle ist mit weit gehenden Rechten ausgestattet und kann notfalls kurzfristig Auskünfte, Akteneinsicht einfordern oder Zutritt zu Diensträumen verlangen.

Der GAL Abgeordnete Farid Müller zeigt sich über den Gesetzentwurf als „Meilenstein“ begeistert. „Wir sind dem Weg zu einem gläsernen Rathaus weit nach vorne gegangen“, sagt der rechtspolitische Sprecher. „Informationsfreiheit bedeutet eine Abkehr vom Amtsgeheimnis – der Amtsschimmel hat jetzt die Bringschuld.“ Die rechtspolitische Sprecherin der SPD, Jana Schiedek, ist gedämpfter, kündigt aber an, dass ihre Partei in der Bürgerschaft das Gesetz unterstützen werde. Die SPD wolle aber darauf drängen, dass der Informationszugang zu Verwaltungsakten „kostengünstig“ gewährt werde, damit das Gesetz nicht „zum Papiertiger“ werde.

KAI VON APPEN