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Archiv-Artikel

Kontrolle für Migrationspolitik

Acht Stiftungen gründen einen Expertenrat für Integration. Das in Deutschland einzigartige Gremium soll Einstellungen von Einwanderern und Mehrheitsgesellschaft erforschen – und die Politik bewerten

VON SABINE AM ORDE

Begeistert liest sich das nicht. Nur einen Satz lang ist das Statement, das die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung den Stiftungen für ihre Pressemappe gegeben hat. Der neue Sachverständigenrat für Integration und Migration, schreibt die CDU-Politikerin Maria Böhmer, könne „der Politik wichtige Hinweise geben und entscheidend dazu beitragen, gemeinsam die Herausforderungen von Integration und Migration zu meistern“. Mehr steht da nicht.

Dabei haben acht deutsche Stiftungen etwas völlig Neues geschaffen: Sie haben gemeinsam einen unabhängigen Sachverständigenrat für Integration und Migration gegründet. Das mit neun WissenschaftlerInnen verschiedener Fachrichtungen besetzte Gremium solle künftig Politik und Zivilgesellschaft beraten, sagte Rüdiger Frohn von der Stiftung Mercator, der auch Vorsitzender des Kuratoriums des Sachverständigenrats ist. Obwohl Integration und Migration zentrale Zukunftsthemen der Politik seien, gebe es hier bislang keine systematische und „unabhängige kritische Begleitung“ durch die Wissenschaft.

Der Sachverständigenrat, dem der renommierte Osnabrücker Migrationswissenschaftler Klaus J. Bade vorsitzen wird, soll künftig einen Jahresbericht erstellen und ein Integrationsbarometer erarbeiten. „In unserem Bericht werden wir beide Seiten berücksichtigen: Integration und Migration“, sagte Bade. In den Berichten der Bundesregierung ist das bislang nur begrenzt der Fall. Der Bundesinnenminister präsentiert jährlich den Migrationsbericht, die Integrationsbeauftragte gibt alle zwei Jahre ihren eigenen Bericht heraus. Wirklich abgestimmt sind beide nicht.

Mit dem Integrationsbarometer starten die Stiftungen laut Bade etwas in der deutschen Forschungslandschaft Einmaliges: „Wir werden erstmals beide Seiten der Integrationsgesellschaft befragen: die Mehrheitsbevölkerung und die Einwanderer“, sagte der Migrationsforscher. Bericht und Integrationsbarometer sollen im Frühjahr 2010 erstmals vorgestellt werden.

Die Geschäftsstelle des Sachverständigenrates soll Anfang 2009 in Berlin eingerichtet werden, sie wird mit einer Geschäftsführerin und vier weiteren Wissenschaftlern besetzt sein. Für die ersten drei Jahre stellen die Stiftungen 1,7 Millionen Euro zur Verfügung. Neben den Initiatoren, der Stiftung Mercator und der Volkswagen-Stiftung, gehören die Bertelsmann-, Freudenberg-, Körber- und die Vodafone-Stiftung sowie die Gemeinnützige Hertie-Stiftung und die Zeit-Stiftung zu den Gründungsmitgliedern. Mit weiteren Stiftungen werden Gespräche geführt.

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) war als Vorsitzende der Findungskommission am Entstehen des Sachverständigenrates beteiligt. Sie nannte das Beratungsgremium ein „einzigartiges Projekt der Zivilgesellschaft“. Das hört sich begeisterter an als bei ihrer Parteifreundin Böhmer. Doch deren Politik muss künftig auch einer kritischen Überprüfung standhalten.

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