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Archiv-Artikel

Bildung auf Niveau

Bundesministerin Bulmahn will eine „nationale Bildungsagentur“. KMK-Chefin Wolff ist skeptisch

BERLIN taz ■ Die zwei Politikerinnen wollten gestern in Berlin Einigkeit demonstrieren. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) und die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK), die hessische CDU-Ministerin Karin Wolff, stellten gestern gemeinsam eine Studie zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards vor. Auftraggeber waren Bund und Länder, durchgeführt hat die Untersuchung das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (Dipf). Nach den verheerenden Pisa-Studien sollen die so genannten Bildungsstandards die Lese- und Lernkompetenz deutscher Schüler verbessern.

Wolff und Bulmahn waren sich darin einig, bundesweit einheitliche Mindestanforderungen an die Schüler zu schaffen, die kontinuierlich überprüft würden. Wolff zufolge sollen erste Standards für Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen bereits im Schuljahr 2004/2005 eingeführt werden. Die Studie habe gezeigt, dass die Länder auf einem guten Weg seien. In Deutschland verstand bei Pisa fast jeder vierte Schüler kaum den einfachsten Text und verfehlte damit Mindestanforderungen, die in anderen Ländern selbstverständlich sind.

Aus Ländern, die im Pisa-Test besonders gut bewertet worden seien, wisse man, so Eckhard Klieme vom Dipf, dass einheitliche Mindeststandards das vielversprechendste Mittel zur Förderung schwächere Schüler seien. Das deutsche Schulsystem siebe zu stark aus. Klieme empfiehlt deshalb, Mindeststandards in allen Schularten, ob Gymnasien, Real-, Haupt- oder Grundschulen einzuführen.

Zur Koordinierung der Konzeption und ständigen Überprüfung der nationalen Bildungsstandards will Bulmahn eine neue Einrichtung schaffen und bietet den Ländern finanzielle Hilfe beim Aufbau einer „nationalen Bildungsagentur“ an. Klieme unterstützt diesen Vorschlag. Doch da traten dann die Unterschiede zutage. Wolff äußerte sich nur undeutlich zu diesem Angebot der Bundesministerin und sagte, „dass man darüber sprechen“ werde. Im Übrigen existiere eine „Qualitätssicherungskommission der KMK“.

Vor allem in den unionsgeführten Ländern will man sich nicht vom Bund in die Schulpolitik reinreden lassen, hat es den Anschein. Das dreigegliederte Schulsystem, das verstärkt auf Begabtenauswahl statt auf Förderung aller Schüler setzt, soll vor den Reformen nach Pisa geschützt werden. Die Uneinigkeit zwischen Bund und Ländern nach dem Pisa-Schock besteht also weiter. Mit den nationalen Bildungsstandards scheint ein neuer Streitpunkt hinzugekommen zu sein. SEAD HUSIC