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Archiv-Artikel

Öko-Engagement offensiver vermarkten

Firmen, die Ökostrom beziehen, dürfen damit werben. Wettbewerbsrechtliche Bedenken sind nicht gerechtfertigt

Diese Frage bewegt manchen Unternehmer: Dürfen Firmen, die Ökostrom beziehen, damit offensiv öffentlich werben? Mitunter agieren die Unternehmen noch zurückhaltend, wie etwa die Schokoladenfabrik Ritter – sie produziert mit Strom aus erneuerbaren Quellen aus Schönau, hat aber bezüglich des Werbeauftrittes noch wettbewerbsrechtliche Bedenken. Unterdessen vermarkten einige andere Unternehmen ihr Engagement längst. Und Wettbewerbsrechtler? Sie sehen in der Regel kaum Probleme, sofern einige Grundregeln beachtet werden.

„Nach der uns bekannten Rechtsprechung kann es problematisch sein, wenn man derartiges Engagement offensiv kommuniziert“, sagt Thomas Seeger, Sprecher der Firma Ritter. Denn produktfremde Gesichtspunkte seien in der Werbung nicht zulässig.

Seeger erinnert an den Fall der Brauerei Krombacher. Das Unternehmen hatte damit geworben, dass für jeden verkauften Kasten Bier ein Quadratmeter Regenwald gerettet werde. Das geschieht, indem die Brauerei einen entsprechenden Geldbetrag an den WWF überweist, der damit ein Regenwaldprojekt in Zentralafrika finanziert. Doch auf Betreiben von Mitbewerbern musste Krombacher die Kampagne ändern – mit der Begründung, es werde ein psychologischer Kaufzwang aufgebaut.

Etwas modifiziert kann die Kampagne allerdings weiterlaufen. „Werbung mit Umweltthemen ist grundsätzlich zulässig“, sagt Dirk Barth, Leiter Unternehmenskooperationen beim WWF. Dabei dürfe der Kunde aber keinem Druck ausgesetzt sein. Wenn zum Beispiel Krombacher in seiner Kampagne gleichzeitig eine Kontaktadresse des WWF angebe, damit die Kunden auch ohne den Kauf eines Kastens Bier für den Regenwald spenden können, sei die gleiche Werbung schon wieder zulässig. So könne die spezielle Situation bei Krombacher nicht auf das Thema Ökostrom übertragen werden: „Ich sehe keinen Grund, weshalb es unzulässig sein könnte, mit dem Bezug von Ökostrom zu werben“, sagt Barth.

So hat sich auch beim Bad Dürrheimer Mineralbrunnen noch kein Mitbewerber gemeldet. Das Unternehmen wirbt auf seinen Mineralwasserflaschen damit, dass es mit Strom der Marke NaturEnergie abfüllt. Auch in Werbeauftritten in Print und Internet verweist Bad Dürrheimer stets auf den Bezug von Ökostrom – ohne dass es bislang irgendwelche Probleme gab. „Wir machen ja keine vergleichende Werbung, warum sollte jemand etwas dagegen haben?“, fragt Michael Neuenhagen, Marketingleiter des Mineralbrunnens.

Andere Unternehmen sehen das ähnlich. Die Naturkosmetikfirma Weleda in Schwäbisch Gmünd bezieht ihren Strom von der Naturstrom AG. Dass man damit eher verhalten werbe, liege allein am derzeitigen Marketingkonzept, das andere Schwerpunkte setze, sagt Dierk Kuvecke, technischer Betriebsleiter bei Weleda: „Rechtliche Bedenken haben wir nicht.“

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VzBv) grenzt unterdessen zwischen zulässigen und unzulässigen Werbeargumenten ab. „Wenn mit stark gefühlsbetonten Kriterien geworben wird, kann es tatsächlich Probleme geben“, sagt VzBv-Wettbewerbsrechtler Egbert Grote. Wenn also dem potenziellen Kunden das Gefühl vermittelt werde, er sei ein schlechter Mensch, wenn er das beworbene Produkt nicht kaufe, dann sei diese Werbung unzulässig. Werbeaussagen im Hinblick auf den Bezug sauberen Stroms erweckten diesen Eindruck aber üblicherweise nicht, und so halte er persönlich sie für unproblematisch.

Entsprechend lässt auch der zuständige Experte der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Frankfurt, Hans-Frieder Schönheit, wissen, dass „zu dem angesprochenen Themenbereich keine Vorgänge vorliegen“. Es hat sich also bisher noch nie eine Firma darüber beschwert, dass ein Mitbewerber mit dem Bezug von Ökostrom wirbt. Und ohnehin hält Rechtsanwalt Schönheit es auch für wenig wahrscheinlich, dass eine Firma dieses tun werde. „Wenn ein Unternehmen nachweislich Ökostrom bezieht, dann kann ich keinen Grund erkennen, warum es das in seiner Werbung nicht auch herausstreichen sollte.“ Schließlich werde ja auch mit anderweitigem Umweltengagement, wie etwa dem Ökoaudit, immer wieder geworben.

BERNWARD JANZING