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Archiv-Artikel

Inkasso von der Polizei

Die Ordnungshüter konfiszieren von Asylbewerbern aus dem Flüchtlingslager Blankenburg neuerdings Geld, wenn diese mehr als 50 Euro dabei haben. Man geht davon aus, dass das Geld illegal erworben wurde

Flüchtling und mehr als 50 Euro dabei? Dann kassiert die Polizei ab. Asylbewerbern, die mehr als diese Summe in der Tasche haben, werden in Oldenburg von der Polizei „erleichtert“.

Über rigide Inkassomethoden der Ordnungshüter gegenüber Flüchtlingen aus dem Lager in Blankenburg in der Nähe von Oldenburg beschweren sich Antirassismus-Helfer. „Er hatte 160 Euro dabei und die B..... behaupteten, er dürfe nicht mehr als 50 Euro dabei haben. Die anderen 110 Euro wurden einbehalten und er sollte sie am nächsten Tag wieder bei den ‚sozialen Diensten‘ im Lager Blankenburg abholen“, schreibt eine anonyme Helferin aus Oldenburg in einer Email.

In einem anderen Fall sollen einem Asylbewerber, der 60 Euro dabei hatte, die angeblich “überzähligen“ zehn Euro abgenommen worden sein. Es geht um Flüchtlinge aus der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) bei Oldenburg.

Die Oldenburger Polizei bestätigt die Vorfälle: „Wir handeln nach einem Amtshilfeersuchen der ZAAB“, erklärt ein Polizeisprecher. Die Flüchtlinge erhielten hier neben „freier Kost und einer Rundumversorgung“ monatlich 40,90 Euro „Taschengeld“. Bei mehr im Portemonnaie gehe „man davon aus, dass das nicht von dem Geld kommen kann, da hätte er ja monatelang sparen müssen“, sagt der Polizeisprecher. Deshalb werde das Geld konfisziert, im Lager werde später „geprüft, ob er das Geld haben darf“.

Grundlage: Paragraph 7 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Kurzum: Geschenke, aber auch durch Arbeit verdientes Geld sind bei Flüchtlingen, die von Abschiebung bedroht sind, nicht erlaubt. Ergo: Wer mehr als 50 Euro dabei hat, kann das Geld nur auf unrechtmäßigem Weg bekommen haben.

Von einer derart harschen Auslegung des Gesetzes hat Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat noch nicht gehört. Die Konfiszierung der Barmittel habe eine „neue Qualität in der Verhöhnung von Menschen, die ohnehin nur von 70 Prozent der Sozialleistungen leben müssen“, schäumt Weber. Das „Taschengeld“ für Flüchtlinge habe sich zudem seit dem Jahr 1993 nicht erhöht.

Für einen „entmündigenden“ Umgang mit Flüchtlingen hält das auch Reinhold Kühnrich vom Oldenburger Arbeitskreis Asyl. „Bislang“, sagt Kühnrich, „haben wir den Leuten einfach 200 Euro in die Hand gedrückt, damit sie ihren Deutschkurs bei der Volkshochschule zahlen können“. KAI SCHÖNEBERG