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Archiv-Artikel

Flott zur Mitternacht

Heiner Bremer kann ab sofort früh schlafen gehen: Das „RTL-Nachtjournal“ soll mit seiner Nachfolgerin Susanne Kronzucker moderner werden

VON CLEMENS NIEDENTHAL

All die Jahre war er ein verlässlicher Gast. Einer, nach dem man die Uhr stellen konnte und der zu so etwas wie dem Hausmeister der Fernsehabendunterhaltung geworden war. Der Letzte macht eben das Licht aus. Und nach der „Schmidt-Show“ schaute man gerne noch mal bei Heiner Bremer vorbei. Gucken, ob noch irgendwo irgendwas Neues passiert war. Oder ob Bremer und sein „RTL-Nachtjournal“ das weniger Neue wenigstens mit der ihm eigenen Lakonie kommunizierten. Einen „Derrick des Nachrichtenwesens“ hat Harald Schmidt den einstigen Co-Chefredakteur der Illustrierten Stern einmal ganz trefflich genannt.

Nun ist Harald Schmidt abgetreten. Und beinahe gleichzeitig mit ihm auch Heiner Bremer. Keine verschleppten Sätze mehr, die sich irgendwo im Dunkeln der Nacht verlieren. Und die so wunderbar zu einer Sendezeit passen, in der auch die Zuschauer nicht mehr so richtig bei sich sind.

Am 3. Januar 1994 ist das „RTL-Nachtjournal“ mit der Bürde gestartet, es dem „heute journal“ nachzutun und RTL das lästig gewordene „Tutti, Frutti“-Image abzugewöhnen – und wurde zum unangefochtenen Quotenkönig unter den mitternächtlichen Nachrichtenformaten. Knapp 1,2 Millionen Spätgucker schalten regelmäßig ein. Oder zumindest nicht vorher ab. Knapp 1,2 Millionen Spätgucker könnten sich gestern Nacht also über ein neues Gesicht gewundert haben.

Ein Gesicht allerdings, das ganz so neu nun auch wieder nicht ist. Susanne Kronzucker gehört schon längst zum journalistischen Inventar des Kölner Privatsenders. Sieben Jahre lang hat die Achtunddreißigjährige in der „RTL-Aktuell“-Redaktion neben und eben auch hinter Peter Klöppel agiert. Zuvor moderierte sie ebenfalls bei RTL die Reisesendung „Ein Tag wie kein anderer“, werkelte im ZDF-Studio in Washington oder für „Burda-TV“ in New York.

Zwei geografische Stationen, die sich doch auch biografisch lesen lassen. Susanne Kronzucker ist die Tochter der – man kommt wohl nicht umhin, es so zu formulieren – Korrespondenten-Legende Dieter Kronzucker. Den diesbezüglichen Ruhm des Vaters bekam die Tochter schon früh zu spüren: 1980 wurde sie gemeinsam mit ihrer Schwester und einem Cousin in der Toskana entführt, ein erster, unfreiwilliger Kontakt mit den Mechanismen der Medienöffentlichkeit.

Einer Medienöffentlichkeit, so wird Susanne Kronzucker dieser Tage zitiert, der sie nun mit einem eigenen Format begegnen wolle. Denn mit der Dauer war es ihr doch fad geworden auf Peter Klöppels Beifahrersitz. Wenngleich Letzterer sein Nachrichtenmobil zuletzt recht geschickt durch die öffentliche Wahrnehmung manövrierte.

Auch für das neue alte „Nachtjournal“ darf der stellvertretende RTL-Chef Klöppel indes die Marschroute ausgeben: „Evolution, nicht Revolution“ hieße die Devise. Susanne Kronzucker selbst würde die Mitternachtsnews gerne „flotter“ und „moderner“ gestalten – „peppiger“, so ihre Sorge, will sie damit allerdings nicht gemeint haben. Da passt es gut ins Bild, dass die studierte Politikwissenschaftlerin zumindest in den ersten Wochen und Monaten in die altbekannte „Nachtjournal“-Kulisse gestellt wird. Kein aufwändiges Relaunch also, nur das seriöse Stehpult wird der neuen Benutzerin angepasst: Sie ist einige Zentimeter größer als ihr Vorgänger.

Und sie redet schneller. Was wiederum die TV-Routine all jener stören könnte, die gerade das entschleunigte Idiom Bremers lieb gewonnen hatten. Denn so sehr sich RTL auch bemüht, das Gegenteil zu kommunizieren: Mit Susanne Kronzucker und Christoph Lang, der die Redaktionsleitung des „Nachtjournals“ übernommen hat und die zweifache Mutter künftig jede vierte Woche als Moderator vertritt, wird die RTL-Mitternacht eine andere werden. Und es muss sich noch zeigen, wie sehr die Sendung gerade vom gern belächelten Heiner Bremer gelebt hat.