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Archiv-Artikel

PARTEIVERANSTALTUNGEN: KONFLIKT, WICHTIGTUEREI, PROVOKATION Knaller für den Politverein

Was ist eine Partei? Zunächst einmal eine Art Verein. Und wie bei jedem Verein gibt es Rituale. Da muss der Vorstand gewählt werden – das heißt dann Parteitag. Dieser Vorstand muss sich treffen – das ist dann häufig eine Klausur. Und gelegentlich muss dieser Vorstand zum Parteivolk sprechen – bei den Liberalen hieß diese Veranstaltung gestern „Dreikönigstreffen“.

Nun haben Rituale aber den Nachteil, dass sie zwar bestens ins Vereinsleben passen, nicht aber in die moderne Nachrichtenwelt. Die verlangt Knaller. Da ist den Parteimanagern Fantasie abverlangt, um aus einem drögen Mitgliedertreffen ein Event zu machen. Drei Strategien waren in den letzten Tagen zu besichtigen.

Der parteiinterne Konflikt: Mustergültig ist diese Medientaktik bei den Liberalen zu besichtigen. Vor jedem Parteitreffen hagelt es Kritik an FDP-Chef Westerwelle. Nach dem Tod von Jürgen W. Möllemann profiliert sich der FDP-Landeschef von Baden-Württemberg, Walter Döring, als oberster Nörgler: Westerwelle habe kein Programm, und die Liberalen würden zu wenig auffallen. Diese Litanei ist zwar vor jedem Parteitag gleich, aber das schadet ihrem Nachrichtenwert nicht. Denn der Konflikt entflammt immer wieder neu. Auf den Streit folgt nämlich stets die Versöhnung. Dieses Happy-End muss sein, damit der Parteitag in den Nachrichten bleibt. Auch die Union hat eine eigene Variante entwickelt: Sie ersetzt den internen Streit oft durch Konflikte zwischen den Schwesterparteien. Um ihre heutige Klausurtagung in Wildbad Kreuth interessant zu machen, kündigt die CSU seit Tagen an, dass sie gegen den CDU-Fraktionsvize Merz ein eigenes Steuerkonzept vorstellen werde.

Wichtigtuerei: Schon seit Monaten raunt Westerwelle, dass die Liberalen einen eigenen Kandidaten für die Bundespräsidentschaft präsentieren könnten. Niemand glaubt daran, dass sich die FDP gegen die Union durchsetzen könnte. Wahr ist allerdings, dass die Union die liberalen Stimmen benötigt. Wichtigtuerei funktioniert eben nur, wenn man zumindest ein bisschen wichtig ist. Fließend sind schließlich die Übergänge von der Wichtigtuerei zur reinen Provokation: CSU-Generalsekretär Söder will eine Ausgangssperre für Jugendliche unter 14 verhängen – und der SPD fällt jetzt rechtzeitig zu ihrer Vorstandsklausur in Weimar ein, dass sie Eliteuniversitäten fördern will.

Diese Strategien machen die Politik zu einem Fortsetzungsroman. Da gibt es Helden und Schurken, Kampf und Sieg, Streit und Versöhnung. Das hat mit dem wahren Vereinsleben nichts mehr zu tun – ist aber spannender. ULRIKE HERRMANN