Israels Hardliner im zweiten Frühling

Ginge es nach Benjamin Netanjahu, dann hätten vorgezogene Neuwahlen gern schon früher stattfinden können. Seit über einem Jahr liegt der Chef der konservativen Oppositionspartei Likud bei allen Umfragen vorn. Doch besser spät als nie scheint sich das Blatt jetzt für ihn zum Guten zu wenden. Nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen wird es im Frühjahr 2009 wohl Neuwahlen geben, und dann könnte Netanjahu nach genau zehnjähriger Pause wieder ins Büro des Regierungschefs einziehen. „Netanjahu, denn das Volk fordert einen Führer“ ist einer seiner präferierten Wahlslogans.

In den 90ern regierte er drei Jahre, bevor er sich einem Misstrauensvotum der Knesset beugen musste. Mit kaum 30.000 Stimmen Vorsprung setzte er sich zuvor gegen den Sozialdemokraten Schimon Peres durch – kaum ein Jahr, nachdem dessen Parteifreund, Premier Jitzhak Rabin, auf dem Höhepunkt des Osloer Friedensprozesses ermordet worden war.

Mit Netanjahu an der Macht schien es endgültig aus zu sein mit dem Frieden. Kaum im Amt ließ er einen umstrittenen Tunnel am Tempelberg öffnen und löste damit schwere Unruhen aus, bei denen 60 Menschen getötet wurden. Für viele Israelis überraschend unterzeichnete er zwei Jahre später auf Druck der USA das „Wye River Abkommen“, mit dem er sich zum Abzug von immerhin 14 Prozent des besetzten palästinensischen Landes verpflichtete. Damit verabschiedete sich auch der Likud vom Großisrael-Traum und verfolgte fortan die Zwei-Staaten-Lösung.

Doch Netanjahu profilierte sich vor allem als Hardliner. Schon 1995 warnte er in seinem Buch „Der neue Terror“ vor dem militanten Islam, dem internationalen Terrorismus und vor allem vor einem atomaren Iran. Sein düsterster Albtraum werde, so heißt es auf seiner aktuellen Website, „Ende 2009“ wahr, vorausgesetzt, Iran könne ungehindert weiterforschen. Das jedoch will Netanjahu nicht zulassen. Ob er allerdings auch ohne Unterstützung der USA einen Präventivschlag gegen Iran wagt? Netanjahu ist 1949 in Israel geboren, verbrachte aber den größten Teil seiner Kindheit in den USA, wo er sich noch heute heimisch fühlt. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich vom Großen Bruder lenken ließe. Dagegen spricht, dass Netanjahu die „iranische Gefahr“ an fast allen Fronten fürchtet, inklusive in Syrien, in das der Einfluss Teherans „tief“ hineinreiche. Im Norden unterhalte der Iran eine „aktive Basis in Form der Hisbollah“, im Süden durch die Hamas. „Letztendlich werden wir keine Wahl haben, als die Hamas-Führung (im Gazastreifen) zu stürzen“, kündigt er an. Der frühere Elitesoldat vertraut auch hier einer militärischen Lösung offenbar mehr als dem Dialog. SUSANNE KNAUL