Ein Armutsproblem

betr.: „Das Jahr des Reises“, taz vom 2. 1. 04

Es ist schon erstaunlich, dass immer noch Menschen auf den zynischen PR-Gag des sog. „goldenen Reis“ hereinzufallen scheinen. Herrn Potrykus selbst ist hingegen eine ausgeprägte „Betriebsblindheit“ zu bescheinigen. Betriebsblind, weil verkannt wird, dass Hunger und Vitamin-A-Defizit kein Produktions-, sondern ein Armutsproblem ist. Betriebsblind auch, da die Reiskörner rot zu erwarten gewesen wären (wegen der dort gebildeten Lycopene, d. h. Vorstufe des Provitamin A) und eben nicht gelb (Provitamin A). Mit den bisher bekannten Stoffwechselwegen ist dies nach Ansicht der beteiligten Wissenschaftler zumindest nicht erklärbar. Hinzu kommt, dass für dieses Projekt nach Angaben der Washington Post allein 70 Patente zusammengelegt wurden, die von 32 unterschiedlichen Parteien stammen. Eine Vermarktung ist deshalb absolut unrealistisch, da lediglich sechs Parteien einer späteren Kommerzialisierung „free of charge“ zugestimmt haben. Solange der Wahnsinn der Patentierung von Lebensformen anhält, sind die Interessen auf das Abstecken der „Claims“ beschränkt. Die deutsche Bundesregierung will in den nächsten Wochen die umstrittene Biopatent-Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Bei den angestrebten Nachverhandlungen über die Eindämmung von Patenten auf Leben kann mensch ihr nur viel Erfolg wünschen! MARTIN SUNDERMANN, Bochum

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