seitenblicke auf den us-wahlkampf
: Für das McCain-Lager sind immer nur die Medien schuld

Wenn die US-Republikaner in Schwierigkeiten kommen, haben sie einen Schuldigen stets sofort gefunden: die linksliberalen Medien. Und eine neue Studie des Pew Research Centers zeigt: Tatsächlich waren zwischen 8. September und 16. Oktober 57 Prozent der Medienberichte über John McCain eher negativ und nur 14 Prozent positiv, während Barack Obama sich über 36 Prozent positive und nur 29 Prozent negative Berichte freuen durfte.

Beweis, Beweis!, schreien die konservativen Meinungsmacher in den Sonntagvormittag-Shows: Die Medien sind voreingenommen! Aber bitte sehr: Was sollten sie denn schreiben, wenn herauskommt, dass die erd- und volksverbundene Sarah Palin eben mal für 150.000 US-Dollar neue Kleidung bekommen hat? Was, wenn McCains Wahlkampfteam inmitten der Finanzkrise kein anderes Wahlkampfthema einfällt als die „Verbindung“ zwischen Barack Obama und einem Professor aus Chicago, der in den 60ern mal militanter Linksaktivist war? Wie sollen sie kommentieren, wenn sich zwei republikanische Politiker, Ex-Außenminister Colin Powell und Ex-Regierungssprecher Scott McLellan, für Obama aussprechen? Zugegeben, auch Joe Biden, Obamas Vizekandidat, hat sich echte Fehlgriffe geleistet, den heftigsten wohl, als er bei einer Veranstaltung davor warnte, ein Präsident Obama werde in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit von einer tiefen internationalen Krise „getestet“ werden. Das war eine Vorlage für McCain, und außerdem ziemlich dämlich.

Stimmt, die Biden-Äußerung hat nicht ganz so viel Aufmerksamkeit erregt wie manche Worte Sarah Palins. Nur: Dafür gibt es Gründe. Palin hat mit ihren ersten beiden verheerenden Fernsehinterviews eine eklatante Ahnungslosigkeit unter Beweis gestellt. Das Interesse daran, wie schnell sie nun lernt, die üblichen Talking Points zum fehlerfreien Vortrag zu bringen, ist nicht mehr wirklich groß. Kurz: Sie gilt als inkompetent, auch wenn sie manchmal richtige Sätze sagt – Joe Bidens Image ist gerade andersherum.

Das ist das Problem John McCains – nicht das der Medien. Nur: Die alte konservative Erzählung vom Kampf der Underdogs gegen die linken Journalisten wird das nicht weiter stören.

BERND PICKERT