Mad Max V

Die amerikanische Industrialband Ministry zeigte in der Columbiahalle, dass sie wieder so richtig angepisst ist

Al Jourgensens Begründung für das Ministry-Comeback sagt alles: „I got pissed off again!“ Die Zeiten sind deprimierend und Amerikas Arroganz groß genug, um einen wie Jourgensen, der sich seit kurzem auch als „Al-Qaida Jourgensen“ anreden lässt, richtig zum Kochen zu bringen.

So war er auch bei seinem Auftritt in der Columbiahalle richtig in seinem Element, als er dem Publikum den Finger zeigte und dazu „Fuck George Bush“ grölte. Das Publikum war sichtbar froh, dass diesen Job endlich mal nicht Konstantin Wecker oder die Puhdys übernahmen. Sondern einer, der sich niemals in eine Lichterkette stellen würde und jederzeit bereit wäre, eine Friedenstaube rituell zu schlachten und sich mit ihrem Blut zu besudeln.

Seit Ende der Siebziger gibt es Ministry. Sie sind die Band, der die Nine Inch Nails oder Marilyn Manson viel zu verdanken haben. Anfang der Neunziger landeten sie mit „Jesus Built My Hotrod“ gar in den Grunge-Discos dieser Welt, verschwanden dann aber schnell wieder im Schattenreich der Popmusik. Was auch daran lag, dass Jourgensen nicht wie Trent Reznor von den Nine Inch Nails oder Marilyn Manson zum MTV-Handpüppchen taugte, das Kids erschauern ließ und Moralapostel auf die Barrikaden brachte. Auch musikalisch sind sie sich mit ihrem neuen Album „Animositisomina“ treu geblieben: Stumpfer Industrial, vielleicht etwas metallastiger und weniger auf Samples basierend.

Gleich zwei Schlagzeuger saßen so auch in der Columbiahalle hinter ihren Batterien. Das war zwar völlig sinnlos, da ein Drumcomputer besser geklungen hätte, sah aber besser aus und sollte demonstrieren: Wir sind wieder da, um auf die Kacke zu hauen. Die ganze Bühne sah aus wie ein Szenario aus Mad Max. Vorne hing Jourgensen über seinem Mikroständer, um den sich goldene Schlangen kringelten, im Hintergrund liefen Clips: Amerikanische Cops, kotzende Suffkis, George-Bush-Visagen, William S. Burroughs in Schamanenpose und anderes, das auf MTV oder CNN niemals laufen würde.

Laut war der Auftritt, laut, stumpf und immer das Gleiche, inklusive Hit. Am Ende war man dankbar, dass sie immer noch so gut Ohrenschmerzen wie früher bereiten können.

ANDREAS HARTMANN