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Archiv-Artikel

Spitzen stechen nicht

Alternativer Neujahrsempfang von Anstoß: Kultursenator Hartmut Perschau sitzt Kritik regungslos aus

Von bes

Bremen taz ■ Ein anderes Naturell als sein Vorgänger bewies Kultursenator Hartmut Perschau (CDU) beim alternativen Neujahrsempfang der kulturpolitischen Initiative Anstoß. Während Kuno Böse (CDU) im Vorjahr beim selben Anlass nach Kritik an seiner Amtsführung nur mühsam durch seinen Sprecher vom demonstrativen Aufbruch aus der Galerie Rabus hatte abgehalten werden können, überstand der Major der Reserve den Anpfiff von Festrednerin Adrienne Goehler am Sonntag regungs- und wortlos.

Die Kuratorin des Hauptstadt-Kulturfonds, 2001 selbst in Berlin für Bündnis90/Die Grünen als Kultursenatorin tätig, hatte aus der „Auswahl der Kulturverantwortlichen in Hamburg und Bremen“ sarkastisch gefolgert, dieses Ressort bedürfe scheinbar keiner besonderen Kenntnis. „Kultur regieren“ so Goehler wörtlich, „kann jeder.“

In ihrer programmatischen Rede wandte sich Goehler gegen die „Rolandbergerisierung der Republik“. Ein Übermaß an Controlling-Instanzen nivelliere jede Einrichtung auf ein paar Parameter, sodass „man aus einer durchleuchteten Schnürsenkelfabrik ein Museum machen kann und umgekehrt“.

Diese Art der Kulturbeschreibung, so Goehlers Vorwurf, sei letztlich selbst „unökonomisch“. Sie könne Kultur nicht als wertvolle Ressource verstehen. Ebenso übersehe sie, dass es in diesem Bereich am ehesten Modelle für eine neue, sich bereits jetzt abzeichnende Arbeitswelt gebe. Dafür sei aber auch von den Kulturschaffenden ein höheres Maß an Flexibilität vonnöten: Unter Hinweis auf den Sozialökonom Günther Schmid skizzierte sie einen ‚künstlerischen‘ Arbeitsplatz als durch seine Integration „in Netzwerke und weniger in Betriebe“. Ebenso zeichne er sich durch „vielfältige Aufgaben und schwankende Vergütung“ aus.

Vor der Ansprache hatte – im ersten Jahr nach dem Rücktritt von Katrin Rabus als Sprecherin von Anstoß – Klaus Pierwoß die Gäste in der Galerie Rabus begrüßt. Die Kulturhauptstadtbewerbung berge, so der Generalintendant, die „Gefahr der Spaltung“ für die Szene. Die Initiative werde sich deshalb „schon sehr bald einer Grundsatzdiskussion stellen“. bes