: Bush besteht auf Regimewechsel
US-Präsident George W. Bush sieht den Irak nach einem bevorstehenden US-Einmarsch als „leuchtendes Beispiel der Freiheit“ und will eine „Demokratisierung“ der gesamten Region erreichen. Am Willen zum Sturz Saddams lässt Bush keinerlei Zweifel
aus Washington MICHAEL STRECK
Es war ein handverlesenes Publikum von Bush-Fans, vor dem der US-Präsident in einer Rede am konservativen American Enterprise Institut in Washington am Mittwochabend seine Vorstellungen über eine Nachkriegsordnung im Nahen Osten zum Besten gab. Dem Irak prophezeite George W. Bush eine strahlende Zukunft und legte dar, wie ein Regimewechsel in Bagdad der Beginn für eine Demokratisierung der gesamten Region werden soll. „Eine neue Regierung im Irak würde als leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen dienen.“
Der Visionär Bush sprach von humanistischen Werten, die allen Menschen zuteil werden sollen, auch Muslimen. Selten wurde bei einer Rede deutlicher, wie sehr der Marsch nach Bagdad in den Köpfen der Bush-Regierung beschlossene Sache ist. Das Weiße Haus wittert die Chance zur größten geopolitischen Umwälzung unter US-Regie seit dem Zweiten Weltkrieg. So verglich Bush den kommenden Einsatz der USA für einen demokratischen Irak mit den Mühen zum Wiederaufbau Japans und Deutschlands nach 1945. Die US-Regierung habe dort keine Besatzerarmeen, sondern Verfassungen und Parlamente hinterlassen, sagte er. „In Gesellschaften, die Faschismus und Militarismus hervorgebracht haben, fand die Freiheit ein beständiges Heim.“
Anders als erwartet, offenbarte Bush wenig Neues über eine konkrete Nachkriegsordnung. Er wiederholte lediglich die bekannte Haltung, dass man der Stabilität des Landes und humanitärer Hilfe verpflichtet sei und so lange im Irak bleiben werde wie nötig. Bush betonte jedoch, die USA hätten nicht die Absicht, dem Irak ganz genau die Regierungsform vorzuschreiben, dies sei Aufgabe des irakischen Volkes. Man werde allerdings nicht dulden, sagte Bush, dass lediglich ein Diktator durch einen anderen ersetzt werde.
Ein Regimewechsel in Bagdad, so Bush weiter, könnte auch zur Lösung der Dauerkrise zwischen Israel und Palästina beitragen. Schließlich falle mit Bagdad eine Finanzierungsquelle für den Terrorismus weg, lautet sein Argument, und die Palästinenser seien besser in der Lage, eine friedliche Führung zu wählen. Für diesen Fall verlangte er jedoch von Israel Unterstützung für die Bildung eines Palästinenserstaates. Zudem müsste die Besiedlung in den besetzten Gebieten beendet werden.
Es sei jedoch eine Illusion zu hoffen, die Lösung des einen Konfliktes beseitige den anderen, wenn nicht parallele Anstrengungen unternommen würden, mahnt Judith Kipper vom Center for Strategic und International Studies. „Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ist das Kernproblem.“ Nur die USA könnten die Gewalt dort beenden.
Allerdings sei es sehr fraglich, ob die Amerikaner aufgrund der Ressentiments als Befreier gesehen würden, warnt Shibley Telhami von der University of Maryland. Eine Invasion durch US-Streitkräfte könnte stattdessen das imperialistische Bild nur bestätigen, das in den meisten arabischen Ländern von den USA existiert. Zudem herrsche in der dortigen Bevölkerung tiefes Misstrauen über die wirklichen Motive der US-Regierung. Schließlich habe man sich früher auch nicht um die nun gepriesene Freiheit gekümmert und Diktatoren hofiert, so lange es den strategischen Interessen diente.