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Archiv-Artikel

Abschied vom Ruhrgebiet

Staatskanzlei-Gutachter gegen Regierungsbezirk Ruhrgebiet und für zwei Teilregionen in NRW: Rheinland und Westfalen-Lippe. Minister Kuschke will langfristig Option für Zweiteilung öffnen

VON CHRISTOPH SCHURIAN

Für den Verwaltungsexperten Joachim-Jens Hesse hat der Regierungsbezirk Ruhrgebiet keine Zukunft: Es sei nicht gut, die politisch-administrative Macht im Ruhrgebiet zu konzentrieren, sagte der Wissenschaftler in Düsseldorf bei der Vorstellung seines Gutachtens zur Verwaltungsreform. Die von der NRW-Staatskanzlei bestellte Expertise beschreibt das Revier als eine Region der sozial-ökonomischen Probleme, auch habe das Gebiet keine „europäische Betriebsgröße“: „Reviervertreter sehen das natürlich schon seit 40 Jahren anders“, setzte Hesse hinzu.

Für den Berliner Wissenschaftler stehen am Ende der Reform zwei starke Teilregionen: das Rheinland und Westfalen-Lippe. An einer grundlegenden Reform der Verwaltung komme derzeit kein Bundesland vorbei, der Kostendruck zwinge dazu.

Für die Staatskanzlei unterfüttert das Papier die Debatte um die Landesverwaltung. Für Minister Wolfram Kuschke (SPD), Chef der Staatskanzlei, liefert es „unangreifbare Kriterien“: Das Gutachten gebe den „Spitzen-Stand der Reformdebatte“ wieder. Zwei Teilregionen begegnet Kuschke indes mit Skepsis: „Das beißt sich“, sagt er. Wie sollen starke Regionen „staatlich verfasst“ seien, wie sieht deren „parlamentarischen Begleitung“ aus? Doch gleichzeitig gelte es auch „Optionen für neue Modelle wie die Zweiräumigkeit“ zu eröffnen – Kuschke enthielt sich einer allzu klaren Bewertung.

Am 2. Februar sind SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück und CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers erneut zu einem Spitzengespräch verabredet. Steinbrück will die Verwaltungsstrukturreform nur mit der CDU angehen. Die Landesregierung strebt an, die Regierungsbezirke (Köln, Düsseldorf, Münster, Arnsberg, Detmold) auf drei zu reduzieren: Rheinland, Westfalen und das Ruhrgebiet.

Die CDU sieht ebenfalls drei Einheiten vor, möchte aber Regierungspräsidien und Landschaftsverbänden in den Regionalverbänden wie dem neuen Regionalverband Ruhrgebiet bündeln. Sprecher der CDU sehen in demGutachten trotzdem eine Grundlage. Hesse habe die Ideen von Rüttgersgelobt, sie wirkten „elegant einer Übermöblierung der Verwaltungsebene“ entgegen. Zugleich warnte der Staatsrechtler vor der Einrichtung von überdimensionierten, neuen Behörden.

Sprecher des Kommunalverband Ruhrgebietes (KVR) nannten das Gutachten „überflüssig“. Hesse hatte bereits 1999 eine NRW-Verwaltungsreform entworfen. Damals sollte der KVR in einer Kulturstiftung aufgehen. Eine Agentur Ruhrgebiet sollte sich bilden. Der Vorschlag scheiterte am Widerstand der Kommunalvertreter.