: Das Semesterticket muss durch die Urne
In der kommenden Woche müssen 10 Prozent aller FU-Studenten per Urabstimmung der Preiserhöhung beim Semesterticket zustimmen. Sonst fällt der Billigfahrschein weg. Dumm nur, dass fast niemand von der Wahl weiß
Weniger als eine Woche für einen Wahlkampf? Ronny Wenke von der Grünen Hochschulgruppe glaubt nicht, dass das reicht. „Wenn nichts passiert, sieht es schlecht aus“, prophezeit er. Kein Semesterticket mehr an der FU – für Wenke absolut undenkbar. Schon nächste Woche könnte der grüne Albtraum Realität werden.
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hat die Preise erhöht. Statt bisher 109 Euro für sechs Monate sollen die Studierenden künftig 115 Euro zahlen. Das müssen die FU-Studis per Urabstimmung noch absegnen. Alle anderen Berliner Unis haben das schon im vergangenen Jahr erledigt. Eine einfache Mehrheit für „Ja“ genügt. Ein Problem ist jedoch das Quorum. 10 Prozent aller Studenten müssen zustimmen. Und die müssen erst einmal zum Wählen gebracht werden.
„Von der Abstimmung weiß niemand“, regt sich Ronny Wenke auf. „Am Dienstag hingen erst zwei oder drei Plakate.“ Das Studierendenparlament hat erst am Freitag beschlossen, dass die Abstimmung stattfinden soll. Kommenden Dienstag bis Donnerstag sind gleichzeitig die jährlichen Wahlen für das Studiparlament.
An der FU hofft man, dass das die Beteiligung an der Ticket-Abstimmung steigert. Bei der Urabstimmung 2002 war das Semesterticket anders als jetzt ein großes Thema. Über 18 Prozent stimmten mit ab. 2003 gingen nur 9,32 Prozent zur Parlamentswahl. 2001 waren es 10,01 Prozent. Kein wirklich sicheres Polster – zumal auch noch mit Neinstimmen gerechnet werden muss. Bei der Studentenregierung Asta gibt man sich dennoch zuversichtlich. „Wir brauchen nur ein paar Studis mehr“, sagt Michael Hewener. Seit Mitte der Woche wirbt der Asta auf seiner Homepage für die Urabstimmung. Plakate und Flugblätter sollen folgen.
Am knappen Zeitplan sei der VBB schuld. Der erhöhte den Ticketpreis um 5,5 Prozent – etwas mehr als die 5 Prozent, die ohne erneute Urabstimmung möglich gewesen wären. Und: „Sie haben den Vertrag für den alten Tarif zu spät gekündigt. Da waren die Rückmeldungen für das Sommersemester schon verschickt“, erklärt Hewener. Der VBB nahm die Kündigung zurück. Die FU-Studenten können so als Einzige noch im Sommersemester für 109 Euro Bahn fahren. „Das sind 6 Euro Rabatt“, bewirbt VBB-Sprecherin Sabine Vogel ihr Unternehmen. Warum er die Ticketpreise ausgerechnet um 5,5 und nicht um 5 Prozent angehoben hat, darüber will der VBB nicht sprechen.
Was ab nächstem Wintersemester passiert, entscheidet sich bei der Urabstimmung. Wenn es mit dem Ja zum Ticket nicht klappt, ist für viele schon jetzt klar, wer schuld ist. „Vielleicht hat der VBB gar kein so großes Interesse am Semesterticket“, meint Ronny Wenke. Auch beim Asta gibt es keinen Zweifel: „Offensichtlich“, sagt Hoff Rogge, Referent für Hochschulpolitik, „denken sie, sie verdienen mehr Geld, wenn sich alle Studenten Einzelfahrscheine kaufen.“
BERNHARD HÜBNER