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Archiv-Artikel

„Jeder muss sich überprüfen lassen “

Evaluation ist wichtig, meint Karl Pentzliehn, Leiter einer Gesamtschule. Allerdings müssten auch die Voraussetzungen für kompetente Prüfer geschaffen werden. Dafür sei zunächst eine bessere hausinterne Ausbildung notwendig

taz: Herr Pentzliehn, mit dem neuen Schulgesetz wird Ihre Stellung als Gesamtschulleiter gestärkt. War das wirklich notwendig?

Karl Pentzliehn: Das war unverzichtbar. In der Praxis ist es jetzt schon so, etwa bei dienstlichen Beurteilungen, dass die Schulleiter informell die Vorleistung leisten. Die Schulräte sind viel zu weit weg von den Schulen.

Künftig sollen externe und hausinterne Kommissionen die Schulen überprüfen.

Das begrüße ich ausdrücklich. Damit ist gar kein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Lehrern verbunden, aber Teil eines demokratisch organisierten Staates ist es, dass jeder bereit sein muss, sich überprüfen zu lassen. Momentan ist es so, dass die Lehrer die Tür hinter sich zumachen und agieren können, wie sie wollen. Das kann auch zu Missbrauch führen.

Gibt es dafür Beispiele an Ihrer Schule?

Ich bin mit meinem Kollegium überwiegend sehr zufrieden.

Die internen Evaluationen sollen von Kommissionen an der Schule selbst durchgeführt werden. Sehen Sie sich dafür gerüstet?

Nein, in keinster Weise. Das ist ein Kernproblem. Da muss noch viel geschehen, sonst bleibt das Theorie.

Was fordern Sie?

Es muss eine hausinterne Ausbildung geben. Noch größere Kompetenz erwartet man von Leuten, die von außen kommen, um unsere Leistungen zu beurteilen.

Stichwort Qualität an der Schule – ab der 7. Klassenstufe sollen per Gesetz maximal 32 Schüler in einer Klasse sitzen. Ist das überhaupt realistisch?

Das steht nur auf dem Papier. Wir haben in unserer Jahrgangsstufe sieben Frequenzen von 34 oder 35 Schülern.

32 Schüler bedeutet also eine Verbesserung?

Das wäre schon eine gute Zahl, obwohl ich mich natürlich noch an die Zeiten erinnere, in denen es eine Richtfrequenz von 27 Schülern gab. Aber das war vor der Wiedervereinigung.

Das Schulgesetz soll die Eigenverantwortung der Schulen stärken.

Das begrüße ich sehr. Schulen kann man nicht mit Wirtschaftsunternehmen vergleichen. Aber ein Minimum an wirtschaftlichen Gesichtspunkten in der Führung halte ich für unabdingbar. Man muss bereit sein, sich dem Wettbewerb mit anderen Schulen auszusetzen. Wir haben vor 15 Jahren hier mit dem Tag der offenen Tür angefangen und sind von den Gymnasien verlacht worden. Heute veranstalten alle solch einen Tag.

Welche Leistungsanreize sollte es Ihrer Meinung nach denn für Lehrer geben?

Die Stimmung in den Schulen ist teilweise sehr schlecht. Das Einzige, was man den Kollegen heute noch bieten kann, ist zu sagen: Wir haben leistungswillige und verhaltenswillige Schüler, für die sich der Einsatz lohnt. Das ist ein starker Beweggrund für die Lehrer, sich gründlich vorzubereiten und regelmäßig zu kommen.

INTERVIEW: ANNA LEHMANN