piwik no script img

Archiv-Artikel

Europäisches Weltkulturerbe in Golfhosen

Der berühmteste Belgier aller Zeiten: Tim und sein Begleiter Struppi werden zum 75. Jubiläum der Comic-Figur auf Euro-Gedenkmünzen geprägt

„Mein einziger Rivale ist Tim“, soll der französische Präsident Charles de Gaulle einmal gesagt haben, was seine Popularität auf internationalem Parkett betraf. Doch welches Kind kennt heute noch Charles de Gaulle? Inzwischen haben Tim und Struppi, die belgische Comic-Figur mit der Haartolle und den Golfhosen sowie sein ständiger Begleiter Struppi, den WK-II-General und europäischen Spitzenpolitiker aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren längst an Bekanntheit und Ruhm überrundet.

Zum 75. Geburtstag der berühmten Sprechblasen-Figur hat dessen Mutterland Belgien nun eine Zehn-Euro-Münze prägen lassen, die auf der einen Seite Tim und seinen ständigen Begleiter Struppi, auf der anderen Seite die Landkarte Europas zeigt. Die Nachfrage nach den 50.000 Münzen, die als Sammlerstück für je 31 Euro verkauft werden, soll ausgesprochen hoch sein, gab die Königliche Belgische Prägeanstalt bekannt. Die Herausgabe der Gedenkmünze wurde vergangene Woche in Brüssel mit einem Festakt begangen, an dem als hochrangigsten Vertreter der belgischen Regierung auch der Finanzminister Didier Reynders teilnahm. Ab Februar werden die Münzen übers Internet vertrieben oder können per Post bestellt werden. Sie gehören zu einer Serie von Sonder-Euros, auf denen bislang schon europäische Monarchen, der Papst und Mozart abgebildet wurden. Womit deutlich wird, dass Tim von seinen belgischen Münz-Paten als europäisches Weltkulturerbe betrachtet wird.

Anlass für die Gedenkmünze gab der 75. Geburtstag der Comic-Figur, der nach offizieller Lesart auf den 10. Januar 1929 datiert wird. Damals erschien in der katholischen belgischen Zeitung Le petit Vingtième die erste Folge einer Cartoon-Reihe mit dem rasenden Reporter, die rasch ungeheure Popularität erlangte. Insbesondere in Frankreich galten Tim und Struppi nach dem Zweiten Weltkrieg als beliebteste Volkshelden, bevor Asterix ihnen in den 60er-Jahren Konkurrenz zu machen begann.

Bis heute wurde die Comic-Reihe des belgischen Zeichners Hergé (alias George Rémy) in über 50 Sprachen übersetzt. Und obwohl die Serie 1983 mit seinem Tod endete – danach erschienen nur noch die Skizzen eines unvollendet gebliebenen Bands –, werden weltweit noch immer jedes Jahr drei Millionen „Tim und Struppi“-Hefte verkauft. Der Geburtstag des berühmtesten Belgiers aller Zeiten wird in seinem Heimatland immer wieder überschwänglich begangen: So haben zwei belgische Zeitungen ihre Ausgaben am Freitag komplett mit Tim-und-Struppi-Zeichnungen illustriert. Museen in Brüssel, Leiden, Barcelona und London widmen ihm derzeit Austellungen. DANIEL BAX