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Archiv-Artikel

Feuer und Flamme für den Frieden

Krieg und Frieden: Rund 5000 Friedensaktivisten auf dem Gänsemarkt gegen US-Krieg im Irak. 3000 Bambulistas marschieren zeitgleich für den Sturz der Hamburger Regierung. IG Metall Chef Teichmüller wirft Springer-Zeitung „Krieg der Worte“ vor

von KAI VON APPEN

Gleich zwei zentrale Demos, die das gleiche Spektrum ansprechen: Rund 5000 Menschen protestierten am Samstagnachmittag auf dem Gänsemarkt gegen einen Krieg gegen den Irak. Das Motto: „Hamburg sagt Nein!“ Fast zeitgleich meldete sich Bambule machtvoll auf der Straße zurück. Über 3000 Menschen demonstrierten unter der Losung: „Bambule durchsetzen – Regierung stürzen!“

Trotz des breiten Organisations-Bündnisses von Gewerkschaften, Kirchen und Parteien blieb der Friedensprotest hinter den Erwartungen weit zurück. Und so lieferten die Promi-Redner auch nur ihr Standard-Repertoire ab. DGB-Nord-Chef Peter Deutschland erinnerte an den Vietnamkrieg, der im Desaster mit 60.000 toten US-Soldaten endete, und vergaß nicht, das totalitäre Regime von Saddam Hussein zu ächten. SPD-Generalsekretär und Hamburger Parteichef Olaf Scholz nannte es „richtig“, dass die Bundesregierung „frühzeitig dem Volk sagt“, dass sich Deutschland nicht an dem Krieg beteiligen werde, da die Bundeswehr schon in Afghanistan und im Kosovo Engagement zeige. „Ein Krieg gegen den Irak ist kein gerechtfertigtes Mittel“, so Scholz. Dafür kassierte er den Sprechchor: „Macht den deutschen Luftraum zu.“

Krieg der Worte

Die grüne Bundestagsfraktionschefin Krista Sager versuchte, Scholz rhetorisch zu überholen. Der Irak sei durch das Embargo bereits so am Boden zerstört, dass ein „Präventivkrieg“ nicht mehr notwendig sei. Im Gegenteil. Ein Angriffskrieg könnte „eine Konfrontation der Kulturen heraufbeschwören“, fürchtete Sager.

Völlig außerhalb der staatstragenden Regie präsentierte sich indes der Chef der IG Metall Küste, Frank Teichmüller. Er warf dem Hamburger Abendblatt „Krieg der Worte mit Methode“ vor. Die Zeitung bagatellisiere es auf hinteren Seiten, wenn 15 Millionen Menschen weltweit gegen einen US-Angriffskrieg auf die Straße gehen, hieve aber „Hinterbänkler der Schill-Partei“ ins Blatt, um die Bambule-Lösung zu torpedieren. „Das ist die Realität in dieser Stadt“, sagte Teichmüller. „Wer etwas verliert, muss Widerstand leisten, auch wenn er sich gegen das Abendblatt behaupten muss.“ Auch verschweige das Springer-Blatt, dass die USA und der Irak über Jahre enge Verbündete gewesen wären, die USA das Regime im Kampf gegen den Iran aufgerüstet und den Giftgasangriff auf die Kurden Anfang der achtziger Jahre erst möglich gemacht habe.

Teichmüller attackierte aber auch die linke Szene, die die Friedensbewegung gern in „gute und richtige“ teilen möchte. „Ich fühle mich nicht naiv, wenn ich gegen den Krieg bin“, sagte Teichmüller, „auch wenn ich vielleicht gegen die Unterdrückung und Folter in anderen Ländern zu wenig gemacht habe.“

Zurück auf der Straße

Im Gegensatz zur eher bedächtigen Friedenskundgebung verlief die Bambule-Demo temperamentvoll. Es war der erste Protest auf der Straße in diesem Jahr nach der Aufnahme der Verhandlungen mit dem Senat um einen Platz. „Bambule, Bambule – Schill muss weg!“ hallte es gewaltig in den Straßen von Ottensen und des Schanzenviertels. „Mehr Sozi, mehr Rente, weg mit der Polente.“ Die Polizei verhielt sich auffällig defensiv. Lediglich in der Barnerstraße gab es ein kurzes Scharmützel, als eine Polizeieinheit den Elan der Demonstranten unterschätzte, beinahe überlaufen wurde und in Bedrängnis Schlagstöcke zückte. Mit Gesängen – „Ohne Knüppel habt ihr keine Chance“ – trieb die Demo den Festnahmezug auf Distanz vor sich her.

Die Szenerie vor der taz-Redaktion in der Harkortstraße glich einer Festung. Wasserwerfer und Räumpanzer versperrten den Weg zu dem Platz, den Senatsunterhändler Walter Wellinghausen für eine Zwischenlösung auserkoren hatte. Die „politische Lösung“ war von der Schill-Partei torpediert worden, weil angeblich der Boden mit Giften belastet sei.

Für Bambule ist dies eine Hinhaltetaktik. „Aus dem Karoviertel wurden wir vertrieben, weil wir den Platz verseucht hätten, hier dürfen wir nicht hin, weil der Platz verseucht sei.“ Für eine Bambule-Sprecherin gibt es keine Perspektive, wenn nun der Senat Bausenator Mario Mettbach von der Schill-Partei mit einer Platzsuche beauftragt. „Ab jetzt schaffen wir uns unsere Sofortlösung selber – wo wir sind, ist Bambule.“ Sie kündigte an, sich aktiv in die Hamburger Olympia-Bewerbung mit Feuer und Flamme einzumischen. Tenor: „Bambule 2012 – Wir freuen uns auf Olympia.“