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Archiv-Artikel

Bio-Anbau-Regeln nicht verwässern

betr.: „Im Süden nur ein bisschen Bio“ u. a.

Die Regeln für den Bio-Anbau haben schon ganz andere verwässern wollen, dabei funktionieren sie nur, weil sie ebenso simpel wie überschaubar und nachvollziehbar sind: keine Pestizide, kein Kunstdünger und keine Gentechnik! Auch in Deutschland gibt es viele Bauern, die gerne auf die eine oder andere Regel verzichten würden, um dann „wirtschaftlicher“ zu produzieren. Aber wenn diese „staatlichen“ Regeln nicht von unten (Bauern und Verbrauchern) kämen, dann wären sie schon dermaßen durchlöchert und es gäbe den biologischen Landbau in seiner heutigen Form und Verbreitung schon lange nicht mehr.

Ein paar Nebensächlichkeiten scheinen weder Kotschi noch der Autor zu kennen: 1. In der Europäischen Union und den USA haben Bauern- und Verbraucherorganisationen (nicht der Staat) die aufgezählten Regeln für den biologischen Landbau entwickelt und in langen Kämpfen durchgesetzt, sodass diese von den staatlichen Behörden zumindest teilweise übernommen wurden. Die Verwässerung dieser Regeln wird regelmäßig von staatlicher Seite versucht, von den Bauern und Verbrauchern aber weitgehend verhindert. 2. Wenn Bio-Landbau ohne Viehwirtschaft nicht möglich wäre, dann könnte ein großer Teil auch der deutschen Bio-Betriebe zumachen. Die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit ist aber auch ohne Mist möglich (intelligente Fruchtfolge, Leguminosen-Anbau, Kompostwirtschaft …). 3. Bio-Landbau heißt nicht einfach „Rückkehr zu traditioneller Landwirtschaft“ (hier: Wasserbüffel auf Sumatra), sondern ist ein zukunftsorientiertes Konzept, das allerdings einige Überschneidungen mit traditionellen Verfahren hat. 4. In vielen Entwicklungsländern gibt es bereits tausende von Bio-Kleinbauern, die nach den EU-Regeln erfolgreich anbauen. Vollbringen die etwas Unmögliches?

Ist es nicht eine viel rassistischere/kolonialistischere Sichtweise, wenn wir den Bauern des Südens, der Entwicklungsländer, dazu raten, eine Bio-light-Variante einzuführen? Weil es für diese Länder ja ausreicht, die nehmen’s ja eh nicht so genau. Die können ja kein eingeführtes Siegel schädigen?! Fragt doch mal die Bio-Bauern vor Ort. Die halten sich nämlich teilweise schon seit Jahrzehnten an diese „diskriminierenden“ Regeln. Und die würden auch gerne für ihren Binnenmarkt produzieren, und nicht nur für den Export. Aber wenn durch die Verwässerung der Regeln die Einführung eines Siegels mit hoher Qualitätsstufe gerade verhindert wird, hat das wenig Zukunft, würde sogar ihre Exportchancen stark mindern.

Und haben nicht erst jüngst wieder Studien bewiesen, dass die einzige Überlebenschance der Kleinbauern eine nachhaltige Produktion nach ökologischen Standards ist? Dass dies die einzig aussichtsreiche Strategie für eine Lösung der Probleme der Welternährung ist? STEPHAN JUST, Kusel