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Archiv-Artikel

Elternzeit boomt Von der CDU, aber trotzdem gut

Sozialdemokraten, Linke allgemein haben viele Probleme, seit drei Jahren aber ein besonderes. Es heißt Ursula von der Leyen. Denn nicht eine SPD-Familienministerin in einer Regierung der vermeintlichen Frauenversteher und Sozialen setzte das Elterngeld durch und motivierte Väter zu Rollentausch und Zeit mit ihren Kindern. Sondern ihre Nachfolgerin aus erzkonservativem Hause unter einer kinderlosen CDU-Kanzlerin. Wie erfolgreich ihr Projekt ist, zeigt die Entwicklung in Berlin am besten. Denn hier boomt ihr Projekt weit überdurchschnittlich.

KOMMENTAR VON STEFAN ALBERTI

Was erst einmal überrascht. In Berlin, in der Stadt der Armen, des Prekariats, hätte von der Leyens Projekt die große Gruppe von Vätern mit ganz dünnem Portemonnaie eher verschrecken müssen. Denn sie profitieren anders als Gutverdiener nicht vom Elterngeld, sie bekommen sogar weniger als beim früheren Erziehungsgeld. Das hat seit dem Start des Projekts für Kritik gesorgt. Und doch schreckt das geringere Geld offenbar weder vom Kinderkriegen noch vom Rollentausch ab. Da kann man sich ärgern, weil es von der CDU kommt. Da muss man aber auch zugestehen: Einfach gut gemacht.

Die Berliner Entwicklung zeigt, dass Geld nur ein Aspekt in der Diskussion um eine neue Rollenverteilung ist. Genauso bedeutsam ist, was man schlicht mit Nachahmung beschreiben oder wie die Soziologen „bandwagon effect“ nennen kann. Da reizt die Väter im ersten Schritt allein das Elterngeld. Das bringt zweitens mehr Männer mit Kinderwagen auf die Straße. Und das sorgt wiederum für mehr Akzeptanz. Elternzeit bei Männern gilt eben nicht mehr weithin als lächerliches Wickelvolontariat, sondern fast schon als cool. Das schließlich lässt weitere Väter jenseits des Gelds umdenken.

Nichtsdestotrotz bleibt es dabei, dass vom Elterngeld nicht allein die Gutverdiener finanziell profitieren dürfen. Der Mindestsatz muss rauf – alles andere verstärkt die Diskriminierung. Denn es ist schön und gut, wenn immer mehr Väter auf dem Spielplatz sitzen. Aber sie sollten genug Geld haben, um ihrem Kind ein Eis zu kaufen.