: „Endlich. So ist es gut.“
Sie war auf Parties und in Diskos, sie hatte Freunde und doch ist sie Nonne geworden. Schwester Alena sagt heute: „Ich bin immer geflüchtet“
ie Damen in ihren rosa Hot Pants, ihren engen Shirts und bunten Stulpen halten einen Moment inne. Für Sekundensplitter stocken die rhythmischen Bewegungen auf den Steppern, Rädern, Freerunnern – Schwester Alena hat das Fitnessstudio betreten. In ihrem schwarzen Habit geht sie geradewegs zum Tresen, lächelt und fragt nach den Preisen. Schwester Alena hat’s am Knie. Sie soll ihre Muskeln kräftigen, riet ihr die Krankengymnastin. Also geht Schwester Alena ins Fitnessstudio.
Sie tut, was nötig ist. Immer schon. Ins Kloster zu gehen, war nötig. Dringend. Unumgänglich. „Seit Kindertagen hatte ich immer einen Drang zu beten und in die Kirche zu gehen“, erzählt Schwester Alena, die früher Birgit Meyer hieß und heute den Dienst der Küsterin in der Kirche St. Johann am Schnoor versieht. Ihre erste Hostie bekommt sie noch vor ihrer Erstkommunion – der Pastor machte eine Ausnahme.
„Aber ich bin immer geflüchtet“, erinnert sich die 36-Jährige, „ich hab immer gedacht: Du willst doch heiraten und Kinder haben.“ Sie hat es auch ausprobiert. „Ich hatte hin und wieder einen Freund. Einmal war ich ein halbes Jahre mit einem zusammen. Da hab ich gemerkt: Das ist es nicht.“ Ihre jetzige Existenz ist es? „Ja“, antwortet sie ohne zu zögern, „als ich zum ersten Mal ins Mutterhaus gefahren bin, dachte ich: endlich. So ist es gut.“
Im Oktober 1989 ist sie in den Orden der Franziskanerinnen eingetreten. Den entscheidenden Anruf hat sie im Schwesternhaus ihres Heimatortes erledigt – auf keinen Fall wollte sie von zu Hause aus anrufen. „Zu welchem Kurs wollen Sie sich denn anmelden?“, sei sie vom anderen Ende gefragt worden. „Zu keinem“, hat da Birgit Meyer geantwortet, „ich will eintreten.“
Dann musste sie die Sache ihren Eltern erklären. „Hast du mal eben Zeit?“, fragt sie ihren Vater, einen Diakon – dieselben Worte hatte ihr Bruder gewählt, als er ein Jahr vor ihr den Entschluss gefasst hatte, einem Orden beizutreten. „Papa hat später gesagt: Ich wusste sofort, was los ist.“ Während der Vater die Entscheidung seiner Tochter akzeptieren kann, „ist es unserer Mutter wohl schwer geworden.“ Schwester Alena sieht durch das Fenster auf die ruhige Gasse hinter der Kirche St. Johann, „aber jetzt merkt sie wohl, dass es mir gut geht.“
Ein Jahr Postulat – eine Art Praktikum – und zwei Jahre Noviziat, dann kam die so genannte Erste Profess, das erste Bekenntnis zu den Gelübden Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam. Nein, eine Prüfung sei das keineswegs – wie auch, fragt Schwester Alena: „Jeder muss sich selber prüfen. Das können andere gar nicht.“ Später folgte die ewige Profess. Da bekam Schwester Alena auch ihren goldenen Ring, den sie am Ringfinger der rechten Hand trägt.
Vor drei Jahren wurde die gelernte Näherin nach Bremen versetzt, jetzt ist sie Küsterin, schließt die Kirche auf, führt Gruppen, zählt Kollektengeld, wäscht Wäsche, achtet darauf, dass die Krypta ordentlich ist. Gemeinsam mit drei anderen Schwestern – sie ist die Jüngste, die Älteste ist 82 – lebt sie im Schwesternhaus. Mit 40 oder 50, weiß sie, kommen manche Schwestern in eine Krise. „Da fragt man sich dann: Hast du was verpasst?“ In einer solchen Phase müsse man „in guter Begleitung sein.“ Heute, sagt Schwester Alena, „kann ich mir nicht vorstellen, auszutreten.“
Sie zupft an ihrer schwarzen Strickjacke, die sie über ihr schwarzes Kleid gezogen hat. Nein, ihr Habit langweile sie keineswegs. „Manchmal ist es auch ganz schön“, sagt Schwester Alena und lacht, „da muss ich morgens wenigstens nicht überlegen, was ich heute anziehe.“ sgi