: Die Bahn attackiert ihren Eigentümer
Über Wolfgang Tiefensees Kritik an den geplanten Bonuszahlungen für den Börsengang ist der DB-Vorstand „enttäuscht und verwundert“. Im Kabinett bekommt der Verkehrsminister keine Unterstützung. Transnet streitet über Haltung im Aufsichtsrat
BERLIN rtr/ap/taz ■ Im Machtkampf mit Bahnchef Hartmut Mehdorn um den Börsengang-Bonus wird es für Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee eng. Der SPD-Politiker erhielt am Montag aus der Bundesregierung keinerlei Unterstützung, obwohl die Bahn den Minister zuvor öffentlich attackiert hatte. Der Vorstand sei „enttäuscht und verwundert“ über die Kritik des Ministers an den geplanten Bonuszahlungen für den DB-Vorstand, erklärte das Unternehmen. Vergütungsfragen gehörten nicht in die Öffentlichkeit, und Tiefensee habe dieses Thema trotz einiger Gespräche nie angesprochen.
Die öffentliche Kritik an Tiefensee ist ungewöhnlich, da das Verkehrsministerium den Alleineigentümer Bund im Aufsichtsrat federführend vertritt. Dieser hat auch über die Führungspositionen der Bahn und deren Amtszeit zu entscheiden.
Finanz- und Wirtschaftsministerium, die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten sind, machten unterdessen deutlich, dass sie die Kritik Tiefensees an den vereinbarten Sonderzahlungen im Falle des Börsengangs nicht teilten. „Beide Häuser haben diese Entscheidung nicht zum Anlass von Kritik genommen, und im Augenblick kann ich nicht sehen, dass sich daran etwas ändert“, sagte der Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Das Kanzleramt ging ebenfalls auf Distanz und stellte sich demonstrativ hinter Mehdorn. „Kantige Persönlichkeiten“ würden benötigt, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Mehdorn leiste gute Arbeit.
Tiefensee hatte wiederholt gefordert, dass Mehdorn und der Vorstand auf die Bonus-Zahlungen verzichten sollten. Diese könnten das Projekt Börsengang in der Öffentlichkeit torpedieren. Seinen Staatssekretär Matthias von Randow hatte er bereits entlassen, weil dieser im Aufsichtsrat im Juni den Regelungen zugestimmt habe, angeblich ohne den Minister zu informieren. Tiefensee sagte am Montag öffentliche Auftritte ab. Äußern will er sich erst am Mittwoch nach einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses. Dort soll auch geklärt werden, wann Tiefensee tatsächlich von den umstrittenen Boni erfahren hat. Zudem sei in Kürze eine Sondersitzung des DB-Aufsichtsrats geplant, wo eine „Konsensregelung“ zu den Bonus-Zahlungen gefunden werden solle, sagte Tiefensees Sprecher.
Die Gewerkschaft Transnet, deren Führung im Aufsichtsrat die Boni mitbeschlossen hat, lässt bisher keine Tendenz zu einer Änderung des Beschlusses erkennen. „Diese Frage stellt sich derzeit nicht“, sagte Transnet-Sprecher Michael Klein der taz. Eine Stellungnahme zu der Frage, wie sich die Transnet-Vertreter – sie stellen die Hälfte der Bahnaufsichtsräte – in der geplanten Sondersitzung positionieren, lehnte er ab. Allerdings steht die Führung, die sich im November der Neuwahl stellen muss, unter dem Druck der Basis, bei der die Regelung auf Kritik stößt. „Es ist ein Unding, dass der Transnet-Vorsitzende Lothar Krauß die Bonuszahlungen für seinen Vorgänger abgenickt hat“, sagt etwa Hans-Gerd Öfinger von der Transnet-internen Basisinitiative „Bahn von unten“. Diese „Machenschaften“ müssten beim Gewerkschaftstag Ende des Monats thematisiert werden. Der ehemalige Transnet-Chef Norbert Hansen war kürzlich in den Bahn-Vorstand gewechselt.
Grüne, FDP und Linke verlangen den Rücktritt Tiefensees. „Bonus-Zahlungen sind vor allem dann völlig unangemessen, wenn der Erlös sehr viel geringer ist als ursprünglich versprochen“, sagte FDP-Verkehrsexperte Lothar Neuhoff. Für die Linke erklärte Bundesvorstandsmitglied Ulrich Maurer, Tiefensees Rücktritt sei „unvermeidlich“. Auch Aufsichtsrat und Vorstand der Bahn müssten ausgetauscht werden. MKR
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