: Traumathek feiert 10. Geburtstag
KÖLN taz ■ An die sechzig Videotheken verleihen zur Zeit Filme in Köln, doch von einer Programmvielfalt kann angesichts von „Top Titeln“ und im Keller fristenden Pornos kaum die Rede sein. Eine erfreuliche Ausnahme ist die Traumathek – die einzige Videothek für Originalfassungen und Filmkunst in Nordrhein-Westfalen. Mit zwei seltenen Filmvorführungen und einer anschließenden Party feierte die Kölner Filminstitution am Samstag zehnjähriges Jubiläum.
Wer früher eine Vorliebe für Independentfilme hatte oder nur mal über einen Englisch sprechenden „Terminator“ lachen wollte, brauchte entweder gute Kontakte oder viel Geld. Bis am 2. Februar 1994 die Filmfans Karin Hüttenhofer und ihr damaliger Gründungspartner Christian Gärtz nach dem Vorbild des alternativen Berliner „Videodrom“ ihren Laden in der Lützowstraße eröffneten. 500 Originalversionen standen am Anfang zur Ausleihe bereit.
Seit Mai 2003 befindet sich das gallische Dorf unter den Videotheken in der Engelbertstraße. Innerhalb von zwei Umzügen ist das Sortiment auf 8.000 Titel angewachsen, knapp 12.000 Kunden haben in den letzten zehn Jahren die ein oder andere Entdeckung im vielseitigen Programm gemacht. Bereits die Namensgebung eröffnet als Reminiszenz an den Thriller „Trauma“ von Dario Argento einen Blick quer zum Kanon des Mainstreams und der Filmwissenschaften. Argentos Filme und Werkschauen von Scorsese, Cassavetes oder Fassbinder stehen hier neben Jack Arnolds Monsterphantastien und den Low-Budget-Abenteuern von Ed Wood in den Regalen.
Durch das DVD-Geschäft und die Krise im Zusammenhang mit digitalen Filmkopien sind die Marktbedingungen zwar härter geworden. Mit dem wachsenden Archiv, das in keinem Mediamarkt und auf keiner Downloadseite erhältlich ist, behauptet die Traumathek aber ihre mittlerweile nicht mehr weg zu denkende Sonderposition in der Kölner Filmlandschaft. Universitäten aus ganz Deutschland nutzen die Möglichkeit der Fernleihe, um Raritäten von Bunuel oder Murnau zu ordern.
Darüber hinaus hat Karin Hüttenhofer schon früh einen Fokus auf die aufstrebenden Filmkulturen aus Hongkong, Japan und Südkorea gesetzt. Somit stand sie am Anfang einer Entwicklung, die aus Köln inzwischen das deutsche Zentrum für Filme aus Asien – mit Verleihern, Produktionsfirmen und einem Festival – gemacht hat. Ignorierte Werke der World Cinema, Verdrängtes aus dem Gay/Lesbianfilm, Animes und TV-Serien machen die Traumathek zum Schlaraffenland der „special interests“. Auch das Angebot an internationalen Fanzines, analytischen Filmmagazinen und rarer Literatur zu Regisseuren sucht seines Gleichen in NRW. So führt die Traumathek einem vor Augen, dass die Filmwelt einfach zu reichhaltig ist, um sich mit dem Aas der üblichen Verwertungsketten abspeisen zu lassen.
UH-YOUNG KIM