: Das letzte Aufgebot der letzten Rechten
„Verbrechen der Wehrmacht“: Zum Abschluss der Wanderausstellung in Hamburg mobilisieren die Neonazis bundesweit
aus HamburgANDREAS SPEIT
Die erste Eröffnung der Wanderausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ in Hamburg nahmen die Neonazis damals noch nicht wahr und blieben zu Hause. Jetzt, neun Jahre später, wollen die „Freien Nationalisten“ gegen die zwischendurch neu konzipierte Ausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIS) von Jan Philipp Reemtsma an der Elbe aufmarschieren. Das Aktionsbüro Norddeutschland ruft bundesweit dazu auf, „ein letztes Mal alle Kräfte zu mobilisieren“. Denn das Hamburger Kulturzentrum Kampnagel wird die letzte Station der Wanderausstellung „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941–1944“ sein.
Zwei Tage nach der Eröffnung und fast genau 71 Jahre nach dem Machtantritt ihrer politischen Ahnen dürfen die geistigen Enkel am 31. Januar für den „Ehrenschutz von Wehrmacht und Waffen-SS marschieren“. Nur die gewünschte Route lehnte die Versammlungsbehörde ab. Der neue Marschweg wird das Aktionsbüro um Thomas Wulff nicht verärgern, schließlich können die Kameraden nun fast vor der „multikulturell gesinnten Einrichtung“ in Hamburg-Winterhude ihren „Unmut über die Soldatenverleugnung“ kundtun. Unter dem Motto „Reemtsma lügt – Wahrheit siegt“ erwartet das Aktionsbüro, unterstützt von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), mindestens 500 Gleichgesinnte.
In der vergangenen Woche verteilten die Neonazis bereits Flugschriften im Stadtteil, in denen sie behaupten, dass die „überarbeitete Fassung der Lüge und Hetze überführt“ worden sei. Beispiele führen die Verfasser nicht an, dafür benennen sie die angeblich Verantwortlichen: „die Juden“. In der „Überprüfungskommission“ seien fast nur „Vertreter (...) der Holokaust-Industrie“ gewesen und dass „Reemtsma für sein Machwerk von der jüdischen Gemeinde“ ausgezeichnet wurde, offenbare den „geistig-moralischen Vernichtungsfeldzug“.
Der Hamburger Verfassungsschutz (VS) warnt derweil vor allem vor den Gegenaktionen. Schon im Dezember erinnerte die Behörde daran, dass bei einer Protestdemonstration gegen die Ausstellung 1999 „rechte Marschierer, aber auch die Polizei (...) mit Stein- und Flaschenwürfen attackiert“ worden seien. Unerwähnt ließ sie, dass schon für den 27. März ein weiterer Naziaufmarsch „Hamburg für die Ehre der deutschen Wehrmacht“ angemeldet ist.
Verschiedene Organisationen rufen mittlerweile zu Protestaktionen am kommenden Samstag auf. Dass der Naziaufmarsch überhaupt erlaubt sei, empört neben anderen die Kirchengemeinde Epiphanien und die Gesamtschule Meerweinstraße. „Schwer auszuhalten“ sei aber auch, dass der Marsch durch die Jarrestraße führe, wo „während der Naziherrschaft Menschen Zwangsarbeit leisten mussten“.
Weitere Infos: www.hamburg-gegennazis.de.vu