: off-kinoFilme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Was heute nahezu als Groteske erscheint, war 1953 – natürlich – bitter ernst gemeint: die aus Anlass des sechzigsten Geburtstags von Walter Ulbricht entstandene Dokumentation „Baumeister des Sozialismus“ von Theo Grandy und Ella Ensink. Allerdings kam der Film seinerzeit nicht in die Kinos: Der Arbeiteraufstand des 17. Juni 1953 beendete alle Vorbereitungen für die Jubelfeiern zum Ehrentag des Ersten Sekretärs des ZK der SED, und das Werk verschwand sang- und klanglos im Archiv.
Der „Baumeister“ ist das vielleicht schönste Beispiel für den damals im Sozialismus betriebenen Personenkult, den man in dieser Form heute wohl nur noch in Nordkorea findet. Walter Ulbricht erscheint in jeder Hinsicht omnipotent – er interessiert sich für alles, ist überall zu finden, weiß über alle Dinge Bescheid, und natürlich ist er auch für alles und jedes höchstselbst verantwortlich: „Man ist mit dem Bürgermeister unzufrieden. Das wollen wir uns gleich einmal ansehen … Walter Ulbricht hat mit dem Bürgermeister gesprochen. Kein Zweifel, der Mann ist unfähig.“ Vor allem aber lässt der Film keinen Zweifel, dass der große Vorsitzende die DDR praktisch im Alleingang aufbaut: Er schafft die Trümmer aus dem Zweiten Weltkrieg weg, legt Grundsteine und weiht Fabriken ein, derweil sich im Kommentar ein fröhlich naiver Fortschrittsglaube Bahn bricht: „Wo eben noch der Oderwald stand, befindet sich jetzt eines der größten Stahlwerke Europas.“
Den Kommentar verfasste übrigens Stephan Hermlin, der auch noch eine ganze Reihe anderer grandioser Trivialitäten zu berichten weiß: Las doch der junge Walter „kaum, dass er lesen konnte, seinen Eltern immer aus dem Arbeiterblatt vor“. Das ist zweifellos die richtige Sozialisation für einen Staatsmann von Rang, dessen wichtigste außenpolitische Aufgabe darin zu bestehen scheint, Hände zu schütteln und Grüße zu Stalins siebzigstem Geburtstag zu überbringen – dummerweise verstarb der derart geehrte sowjetische Führer daraufhin nahezu augenblicklich. Doch selbstverständlich sorgt sich Walter auch um die Alltagsprobleme des Proletariats: „Immer wieder ist Walter Ulbricht unter den Arbeitern zu finden. Er untersucht auch die Lage an Ort und Stelle.“ Komisch nur, dass er bei denjenigen, um die er sich da so rührend kümmert, dann doch nicht wirklich beliebt war. Seiner Karriere tat das allerdings keinen Abbruch: Nachdem er 1960 zum Staatschef befördert worden war, legte Ulbricht erst so richtig los mit dem Bauen.
„Baumeister des Sozialismus“, 17. 3., 19. 3. im Filmkunsthaus Babylon 2
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Thematisch dazu passend ist die Dokumentation „Stalin, eine Mosfilmproduktion“, in der die Filmhistoriker und -journalisten Enno Patalas, Frieda Grafe und Oksana Bulgakowa die Veränderung des Stalinbilds in der sowjetischen Filmproduktion erforschen: vom jungen Stalin, der sich als Nachfolger Lenis zu legitimieren sucht und als Erster unter Gleichen in der Parteiführung dargestellt wird, bis zum überlebensgroßen und einsamen Staatenlenker, der des Nachts grübelnd an seinem Schreibtisch sitzt. Patalas und Bulgakowa sprechen mit Filmschaffenden, die Stalin noch erlebt haben, sie machen Stalins Einfluss auf Drehbücher und Besetzung von Filmen deutlich und zeigen Ausschnitte aus den zeitgenössischen Produktionen. Am Ende steht die Tilgung des Bildes von Stalin in der Chruschtschow-Ära: Der ehemals geliebte Führer wird nun einfach herausgeschnitten.
„Stalin, eine Mosfilmproduktion“, 14. 3. im Filmkunsthaus Babylon 2
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Eine Reihe mit Filmen von István Szabó präsentiert das Filmmuseum Potsdam. Das wohl bekannteste Werk des ungarischen Regisseurs ist die Verfilmung von Klaus Manns Schlüsselroman „Mephisto“: In Anlehnung an Gustaf Gründgens lässt sich Klaus Maria Brandauer als genialer Schauspieler Hendrik Höffgen von den Nazis als Aushängeschild ihrer Kultur missbrauchen und verheddert sich schließlich heillos in den Fallstricken der Politik. Und wie der schillernde Gründgens, bleibt auch Höffgen stets eine zwiespältige Figur: eitel, naiv und stets bereit, sich selbst etwas vorzulügen.
„Mephisto“, 13. 3. im Filmmuseum Potsdam
LARS PENNING